ALMA enthüllt den Aufbau eines nahegelegenen Planetensystems
Astronomen entdecken in der Nähe eines Staubrings um den Stern Fomalhaut die zwei kältesten Planeten, die bisher bei einem normalen Stern beobachtet wurden.
Das Atacama Large Millimeter/submillimeter Array (ALMA), ein noch im Bau befindliches neues Observatorium, hat einen Durchbruch beim Verständnis eines nahegelegenen Planetensystems ermöglicht und wertvolle Hinweise geliefert, wie solche Objekte entstehen und sich entwickeln. Die Astronomen stellten fest, dass Planeten, die den Stern Fomalhaut umkreisen, deutlich kleiner sind als bisher angenommen. Dies ist das erste veröffentlichte Ergebnis aus der ersten Phase wissenschaftlicher Arbeit mit ALMA, für die Astronomen aus aller Welt Beobachtungszeit beantragen konnten, der sogenannten Early Science, auch Beobachtungszyklus 0 genannt.
Abb.: ALMA beobachtet einen Ring um den hellen Stern Fomalhaut.
(Bild: ALMA (ESO/NAOJ/NRAO). Visible light image: the NASA/ESA Hubble Space Telescope)
Die Entdeckung beruht auf außergewöhnlich scharfen ALMA-Aufnahmen einer Scheibe bzw. eines Ringes um den Stern Fomalhaut, der sich in einer Entfernung von etwa 25 Lichtjahren von der Erde befindet. Die Daten zeigen, dass sowohl der innere als auch der äußere Rand der dünnen Staubscheibe scharf begrenzt ist. Im Vergleich mit Computersimulationen konnten die Wissenschaftler aus dieser Tatsache darauf schließen, dass die Staubteilchen durch die Wirkung der Schwerkraft zweier Planeten in der Scheibe gehalten werden, wobei einer der Planeten den Stern innerhalb des Ringes und der andere ihn außerhalb umläuft. Mithilfe dieser Beobachtungen lässt sich eine Streitfrage zur Natur des Systems klären, die sich aus vorangegangenen Beobachtungen ergeben hatte.
Die Berechnungen liefern Zahlenwerte für die Größe der angenommenen Planeten. Sie müssen demnach größer als der Mars sein, können aber maximal einige Male so groß sein wie die Erde. Damit sind die Planeten deutlich kleiner als bislang angenommen: Im Jahr 2008 hatten Aufnahmen des NASA/ESA-Weltraumteleskops Hubble den inneren der beiden Planeten zeigen können. Damals waren die Forscher allerdings davon ausgegangen, dass er größer als Saturn wäre, der zweitgrößte Planet in unserem Sonnensystem. Bei späteren Beobachtungen mit Infrarotteleskopen war es dann allerdings nicht mehr gelungen, den Planeten nachzuweisen.
Daraufhin hatten einige Astronomen angezweifelt, ob sich in den Hubble-Daten überhaupt überzeugende Hinweise auf die Existenz des Planeten finden. Die Hubble-Bilder wurden im sichtbaren Licht aufgenommen und zeigen daher auch kleine Staubkörner, die durch die Strahlung des Sterns nach außen getrieben werden – und dadurch wiederum wird das Abbild der Staubscheibe merklich undeutlicher. ALMA dagegen beobachtet nicht im sichtbaren Licht sondern bei viel größeren Wellenlängen. Sie weist daher nur viel größere Staubkörner mit einem Durchmesser von etwa einem Millimeter nach, und diese größeren Partikel werden von der Strahlung des Sterns nicht beeinflusst. So werden deutlich die scharfen Ränder und die ringförmige Struktur der Scheibe sichtbar, die genaue Rückschlüsse auf den Einfluss der Schwerkraft der zwei Planeten erlauben.
„Indem wir die Ergebnisse von Computersimulationen mit der Form der Scheibe vergleichen, die sich aus unseren Daten ergibt, können wir die Masse und die Umlaufbahn eines Planeten in der Nähe des Ringes sehr genau bestimmen“, sagt der Leiter der Studie Aaron Boley, der als Sagan Fellow an der University of Florida arbeitet. „Wie sich zeigt, müssen die Planetenmassen sehr klein sein. Andernfalls würden die Planeten den Ring zerstören.“ Das erklärt auch, warum sich die Planeten in den früheren Infrarotbeobachtungen nicht nachweisen ließen.
Den ALMA-Daten nach misst der Ring vom inneren bis zum äußeren Rand rund das 16-fache des Abstands der Erde von der Sonne. Seine Dicke beträgt im Vergleich dazu nur ein Siebtel dieser Ausdehnung. „Der Ring ist viel schmaler und dünner als bisher gedacht“, sagt Matthew Payne, ebenfalls von der University of Florida.
Der Ring befindet sich in einer Entfernung von etwa dem 140-fachen Abstand Erde-Sonne vom Stern (zum Vergleich: der Zwergplanet Pluto ist nur etwa 40 mal so weit von der Sonne entfernt wie die Erde). Das Ringsystem hat also viel größere Ausmaße als unser Sonnensystem. „Aufgrund ihrer geringen Größe und ihres großen Abstands zum Stern sind die beiden Planeten in der Nähe des Rings die kältesten Planeten, die man bislang in der Umlaufbahn um einen normalen Stern gefunden hat“, sagt Aaron Boley weiter.
Die Astronomen beobachteten das Fomalhaut-System im September und Oktober 2011, und damit zu einer Zeit, als erst ein Viertel der vorgesehenen 66 Antennen von ALMA verfügbar waren. Nach der Fertigstellung im nächsten Jahr wird die Anlage dann noch einmal deutlich leistungsfähiger sein. Dennoch war ALMA schon in der Early-Science-Phase in der Lage, deutliche Strukturen sichtbar zu machen, die allen früheren Beobachtern entgangen waren.
„Obwohl sich ALMA noch im Bau befindet, ist es bereits jetzt das leistungsfähigste Teleskop seiner Art. Dies ist erst der Beginn einer aufregenden neuen Ära in der Erforschung von Scheiben und der Entstehung von Planeten um andere Sterne“, sagt ESO-Astronom und Teammitglied Bill Dent (ALMA, Chile).
ESO / PH