25.09.2025

Eine neue Sorte von Zeitkristallen entdeckt

Ein exotisches Quantenphänomen zeigt sich unter Bedingungen, unter denen man es eigentlich nicht erwartet hätte.

Regelmäßige Rhythmen können quasi von selbst, ohne Taktgeber von außen, durch das komplexe Zusammenspiel vieler Teilchen. Statt gleichmäßiger Unordnung entsteht ein fester Takt – man spricht dann von einem „Zeitkristall“. Wie Berechnungen der TU Wien zeigen, lassen sich solche Zeitkristalle auch auf ganz andere Weise erzeugen als bisher angenommen. Gerade die quantenphysikalischen Korrelationen zwischen den Teilchen, die man bisher für schädlich gehalten hatte, können Zeitkristalle sogar stabilisieren. Es ist ein überraschender neuer Einblick in die Quantenphysik von Vielteilchen-Systemen.

Durch Korrelationen zwischen Quantenteilchen ergibt sich ein rhythmisches Signal – ohne dass es durch einen äußeren Takt vorgegeben werden müsste.
Durch Korrelationen zwischen Quantenteilchen ergibt sich ein rhythmisches Signal – ohne dass es durch einen äußeren Takt vorgegeben werden müsste.
Quelle: TU Wien

Wenn eine Flüssigkeit einfriert, ändern die Teilchen ihre Ordnung: In der Flüssig­keit bewegen sie sich wild und ungeordnet durch­einander, es gibt keine Struktur. Wenn die Flüssig­keit einfriert, bildet sich ein Kristall, in dem sich die einzelnen Teilchen sehr regel­mäßig an ganz bestimmten Orten befinden. Eine Flüssig­keit sieht überall gleich aus, sie hat überall und in jeder Richtung dieselben Eigen­schaften, sie ist völlig symme­trisch. In einem Kristall hingegen ist diese Symme­trie gebrochen: Plötzlich gibt es eine regelmäßige Struktur, eine Richtung, die sich von anderen Rich­tungen unter­scheidet.

Kann sich eine solche Symmetrie­brechung auch in der Zeit ereignen? Kann es sein, dass ein Quanten­system zunächst zeitlich ungeordnet ist, dass jeder Zeit­punkt gleich ist wie jeder andere, dass sich dann aber trotzdem eine zeitliche Ordnung ergibt?

„Diese Frage wird in der Quantenforschung seit über zehn Jahren intensiv untersucht“, sagt Felix Russo vom Institut für Theoretische Physik der TU Wien, der im Team von Thomas Pohl im Rahmen seiner Doktorarbeit forscht. Tatsächlich zeigte sich: Zeitkristalle sind möglich – Systeme, bei denen sich ein zeitlicher Rhythmus einstellt, ohne dass man den Takt von außen vorgibt.

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Roderich Moessner • 12/2024 • Seite 38

Kristalle der Zeit

„Allerdings dachte man, dass das nur in ganz bestimmten Systemen möglich ist, etwa in Quanten­gasen, deren Physik gut durch Mittel­werte beschrieben werden kann, ohne dass man die in der Quanten­physik unvermeid­lichen Zufalls­fluktua­tionen berück­sichtigen muss“, erklärt Russo. „Wir haben nun gezeigt: Gerade die quanten­physika­lischen Korrela­tionen zwischen den Teilchen, von denen man bisher dachte, dass sie das Entstehen von Zeit­kristal­len verhindern, können Zeit­kristalle hervor­bringen.“

Die komplizierten Quanten-Wechsel­wirkungen zwischen den Teilchen führen zu einem kollektiven Verhalten, das sich auf Ebene einzelner Teilchen nicht erklären lässt – so ähnlich wie sich der Rauch einer erlo­schenen Kerze manchmal zu einer regelmäßigen Serie von Rauch­kringeln formen kann, ohne dass dieser Takt von außen vorge­geben oder auf Ebene einzelner Rauch­partikel erklärt werden kann.

„Wir untersuchen ein zweidimen­sionales Gitter von Teilchen, die von Laser­strahlen festge­halten werden“, sagt Felix Russo. „Und hier können wir zeigen: Der Zustand des Gitters beginnt zu oszil­lieren – aufgrund der Quanten-Wechsel­wirkung zwischen den Teilchen.“

Die Forschungs­arbeit bietet die Möglichkeit, die Theorie von Quanten-Viel­teilchen­systemen besser zu verstehen – auf dem Weg zu neuen Quanten­techno­logien oder hoch­präzisen Quanten-Messtechniken. [TU Wien / dre]

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