30.11.2012

Asteroidenstaub aus dem All

Deutsche Forscher analysieren Proben der japanischen Hayabusa-Mission.

Mit dem bloßen Auge ist nichts zu erkennen und dennoch ist in dem kleinen durchsichtigen Behälter etwas bisher nicht Dagewesenes: Erstmals können Wissenschaftler Staub eines Asteroiden untersuchen, der von einer Raumsonde im Weltall eingesammelt und zur Erde zurückgebracht wurde. Dr. Ute Böttger vom Institut für Planetenforschung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) gehört zu einem von elf Teams weltweit, die mit den außerirdischen Asteroidenteilchen der japanischen Hayabusa-Mission wissenschaftlich arbeiten dürfen.

Abb.: Der Asteroid (25143) Itokawa alias 1998 SF36 ist nur etwa 500 Meter lang und hat eine längliche Form. Der am 26. September 1998 entdeckte Erdbahnkreuzer erhielt seinen Namen nach Hideo Itokawa, einem japanischen Raketenwissenschaftler. (Bild: JAXA)

Die weniger als ein Zehntel Millimeter kleinen Teilchen, die Ute Böttger und Sergey Pavlov mit dem Raman-Mikroskop untersuchen, liegen eingehüllt in Stickstoff, damit die irdischen Einflüsse das Material vom Asteroiden Itokawa nicht verunreinigen. „Das sind die wirklichen Außerirdischen“, sagt die Physikerin. Gemeinsam mit Iris Weber von der Universität Münster analysieren sie die mineralogische Zusammensetzung der Teilchen. „Neben dem Mondgestein der Apollo- und Luna-Missionen sind diese Proben das einzige Material, das direkt von einem Körper im Sonnensystem eingesammelt und zur Erde gebracht wurde“, erläutert Böttger. „Und wir haben erstmals Asteroidenmaterial, dessen Herkunft wir ganz genau kennen und das nicht durch den Eintritt in die Atmosphäre verändert wurde.“ Während bei Meteoritenfunden auf der Erde niemand mit Sicherheit sagen kann, von welchem Himmelskörper sie stammen, ist bei den winzigen Teilchen der Hayabusa-Mission die Herkunft sicher: Sie stammen vom Asteroiden Itokawa, auf dem die japanische Raumsonde 2005 die Probe entnahm.

Dass das einmalige Asteroidenmaterial überhaupt den Weg bis ins Berliner DLR-Labor schaffte, ist schon eine große Leistung. Die gesamte Hayabusa-Mission stand zunächst nämlich nicht unter einem guten Stern. So erreichte die Sonde den länglichen, ein wenig bananenförmigen und nur etwa 500 Meter langen Asteroiden erst einmal mit etwas Verspätung. Über dem Asteroiden schwebend, sollte die Sonde dann über eine Art Trichter die Bodenproben einsammeln, die zuvor mit einem kleinen Einschuss auf der Asteroidenoberfläche aufgewirbelt worden waren. Bei der ersten Probenentnahme im Weltall reagierte die Sonde nicht wie geplant, erst die zweite Annäherung an Itokawa ist erfolgreich. Mit drei Jahren Verspätung - Drallräder fielen aus, nur noch einige Batterien an Bord arbeiteten – gelangte Hayabusa, japanisch für „Wanderfalke“, wieder zur Erde. Am 13. Juni 2010 landete die Rückkehrkapsel allerdings wie geplant an einem Fallschirm nahe der australischen Stadt Woomera und wurde von dort geborgen. Ob tatsächlich zum ersten Mal Proben eines Asteroiden zur Erde gelangt waren, erfuhren die Wissenschaftler erst nach der Öffnung des versiegelten Probenbehälters. Erste Untersuchungen der winzigen Teilchen zeigten dann, dass die Sonde Hayabusa von ihrem Besuch bei Itokawa tatsächlich Material mitgebracht hatte.

Abb.: Ute Böttger und Heinz-Wilhelm Hübers untersuchen das Material, das die japanische Raumsonde Hayabusa vom Asteroiden Itokawa zur Erde brachte. (Bild: DLR -- CC-BY 3.0)

Im Labor des DLR-Instituts für Planetenforschung stellten die Wissenschaftler nun die Zusammensetzung des Asteroidenmaterials fest. „Der Vorteil unseres Raman-Mikroskops ist, dass wir die Untersuchung durchführen können, ohne das Material zu beschädigen und ohne dass die Teilchen mit der Erdatmosphäre in Berührung kommen“, betont der Leiter des Labors, Heinz-Wilhelm Hübers. Die gemessenen Raman-Spektren vergleichen die Planetenforscher mit Spektren verschiedener Materialien. „Die Proben bestehen vor allem aus Olivin, einem auch für irdische Tiefengesteine typischen Eisen-Magnesium-Silikat“, sagt die Mineralogin Weber. „Nicht ungewöhnlich, aber zum ersten Mal haben wir das direkt an völlig unberührtem extraterrestrischem Material untersuchen können.“

Nun gehen die im DLR untersuchten Asteroidenteilchen für weitere Analysen an die Team-Partner der Unis Lund und Manchester . Da Itokawa ein ursprünglicher und somit bis zu viereinhalb Milliarden Jahre alter Asteroid ist, können die Ergebnisse der Wissenschaftler Informationen über die Entstehung des Sonnensystems liefern. „Alle Theorien wurden bisher von Meteoriten abgeleitet, jetzt arbeiten wir mit dem Originalmaterial – und bekommen dadurch vielleicht Einblick in das große Ganze“, sagt Weber.

Abb.: Im Raman-Labor des Instituts für Planetenforschung untersuchen die DLR-Wissenschaftler die Zusammensetzung der Proben vom Asteroiden Itokawa. (Bild: DLR -- CC-BY 3.0)

2014 soll die nächste Hayabusa-Mission ins All starten. Ziel ist dann Asteroid 1999 JU3 – „ein Asteroid, dessen Gestein eventuell einmal mit Wasser in Berührung gekommen ist“, sagt DLR-Planetenforscher Ralf Jaumann. Zu der Mission der japanischen Raumfahrtagentur JAXA steuert das Bremer DLR-Institut für Raumfahrtsysteme den Asteroidenlander MASCOT (Mobile Asteroid Surface Scout) bei, einen hüpfenden Lander, der sich erstmals auf einem Asteroiden fortbewegen und somit an verschiedenen Stellen Messungen durchführen kann. Dabei sollen ein Radiometer des DLR die Temperatur des Asteroiden messen und eine DLR-Kamera die Feinstruktur der Oberfläche von 1999 JU3 aufzeichnen. Gesteuert wird der Lander aus dem DLR-Kontrollraum des Nutzerzentrums für Weltraumexperimente (MUSC) in Köln. Währenddessen soll auch bei dieser Mission ein Saugrüssel wieder Material in einen Probenbehälter aufnehmen und für Laboruntersuchungen zur Erde zurückbringen.

DLR / OD

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