26.10.2023

Atmosphärenphysik: Ändert sich der Jetstream?

Phasengeschwindigkeit der Jetstream-Wellen hat sich auf der nördlichen Hemisphäre nicht signifikant geändert.

Starkregen, Stürme und Hitzewellen – nach solchen Extremwetterereignissen heißt es oft, diese seien auf einen welligeren Jetstream zurückzuführen. Also auf Veränderungen des Starkwindfelds, das in der oberen Troposphäre verschiedene Temperaturzonen und Luftdruckzonen ausgleicht. Doch ändert sich der Jetstream tatsächlich? Und wenn ja, wie und in welchem Ausmaß? „Viele Theorien stellen Vermutungen dazu an, was für den Jetstream zukünftig zu erwarten ist – allerdings basieren sie alle auf sehr idealisierten Annahmen“, sagt Georgios Fragkoulidis von der Uni Mainz. „Denn während sich bei der Klimaerwärmung der CO₂-Eintrag direkt auf die Erwärmung auswirkt, liegen bei der atmosphärischen Zirkulation chaotische Prozesse vor.“

Abb.: Windgeschwindigkeit und Stromlinien in einer Höhe von etwa zehn...
Abb.: Windgeschwindigkeit und Stromlinien in einer Höhe von etwa zehn Kilometern zu Beginn einer Hitzewelle in Westeuropa am 23. August 2016.
Quelle: G. Fragkoulidis, JGU Mainz

Um den Veränderungen des Jetstreams dennoch auf die Schliche zu kommen, analysierte Fragkoulidis Jetstream-Daten aus den letzten vierzig Jahren. Wie unterschied sich der Wind in den 1980er Jahren zehn Kilometer über der Erdoberfläche von Deutschland vom heutigen? Wie die Situation des Jetstreams? „Gefährlich wird die Situation, wenn der Jetstream sehr wellig ist: Dann kann kalte Luft von Norden oder heiße Luft aus Süden nach Deutschland strömen – die Wahrscheinlichkeit für Hitze- oder Kältewellen steigt“, do Fragkoulidis.

Insgesamt treten zwei Trends rund um den Jetstream auf. Zum einen ein gradueller Trend in der Amplitude der Wellen. „Viele Gebiete der nördlichen Hemisphäre verzeichnen im Winter einen positiven Trend, im Sommer dagegen einen negativen. Anders gesagt: Im Winter wird der Jetstream welliger, im Sommer weniger wellig“, sagt Fragkoulidis. Ein Ergebnis, für das es derzeit noch keine Erklärung gibt und das den üblichen Theorien widerspricht – besagen diese doch, dass sich der Jetstream jahreszeitenbedingt nicht ändert.

Ein weiterer Trend, den Fragkoulidis bemerkte: Die Änderungen des Jetstreams sind nicht überall gleich, sondern variieren von Region zu Region. So treten über Nordamerika andere Effekte auf als über China oder Europa. „Eine einfache Antwort nach dem Motto `Der Jetstream wird welliger oder weniger wellig´ können wir daher nicht geben, die Sache ist deutlich komplexer“, fasst Fragkoulidis zusammen.

Doch analysierte er nicht nur die Welligkeit des Jetstreams, sondern auch die Phasengeschwindigkeit der Wellen. Wie schnell bewegen sich die Wellen von Westen nach Osten? Heikel wird es, wenn sie sich langsam bewegen – dann können stehende Wetterlagen mit Starkregen, langanhaltenden Hitzeperioden oder Dürre die Folge sein. „Auch wenn es gefühlt anders aussehen mag: In der nördlichen Hemisphäre, insbesondere in Europa, hat sich die Phasengeschwindigkeit der Wellen in den letzten vierzig Jahren nicht signifikant geändert“, erläutert Fragkoulidis.

Auch dieses Ergebnis widerlegt zahlreiche Theorien, die von einer Verlangsamung der Wellenbewegung ausgehen. Anders sieht es den Studien zufolge dagegen in der südlichen Hemisphäre aus: Hier treten große Änderungen auf, die Wellen bewegen sich schneller und nehmen in den letzten vierzig Jahren an Geschwindigkeit zu.

Derzeit arbeitet der Wissenschaftler daran, die Änderungen des Jetstreams für die Zukunft vorherzusagen, genauer gesagt bis zum Ende des Jahrhunderts. Dazu nutzte er Vorhersagen aus Klimamodellen, die vom National Center for Atmospheric Research in den USA angefertigt wurden und ein mögliches Szenario der Zukunft abbilden. Dieses basiert auf der Annahme, dass der Anstieg der CO₂-Emissionen weiterhin hoch bleiben und die Erde sich bis zum Jahr 2100 um rund vier Grad erwärmen wird.

Wie würde sich der Jetstream in diesem Szenario verändern? Diese Frage lässt sich alles andere als leicht beantworten, schließlich ist die Erwärmung nicht auf dem gesamten Globus gleich. Vielmehr erwärmen sich die Ozeane langsamer als das Land – was sich wiederum auf die atmosphärische Zirkulation auswirkt. Darüber hinaus variiert das Ausmaß der Erwärmung in verschiedenen Höhen der Troposphäre. Trotz aller bestehenden Unsicherheiten fanden sich jedoch Hinweise, dass die zukünftigen Sommertrends denen der Vergangenheit ähneln und der Jetstream der nördlichen Hemisphäre gegen Ende des Jahrhunderts weniger wellig sein dürfte. Was die zukünftigen Änderungen des Winter-Jetstreams angeht, so sind diese mit großen Unsicherheiten behaftet.

JGU Mainz / RK


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