Atombindung trotzt Abstoßung
Berechnung sagen neuen Bindungstyp durch Vakuumfluktuationen voraus.
Eine Grundregel der Chemie besagt, dass Bindungen zwischen Atomen entstehen, wenn es energetisch günstiger ist, die Atome zusammenzubringen. Dafür ist eine anziehende Kraft zwischen den Atomen zwingend notwendig. Jetzt haben allerdings neue theoretische Berechnungen gezeigt, dass die Kombination aus einer abstoßenden Kraft und kontrollierten Quantenfluktuationen überraschenderweise ebenfalls zu einem gebundenen Zustand führen können, der exotische Eigenschaften aufweist. Das berichten Hendrik Weimer vom Institut für Theoretische Physik der Leibniz Universität Hannover und Mikhail Lemeshko von der Harvard University.
Um dies zu verstehen, müssen die quantenmechanischen Eigenschaften der Atome berücksichtigt werden. „Wenn ein Quantensystem kontrollierten Quantenfluktuationen ausgesetzt wird, kann dies zu einem Interferenzeffekt führen, der die Atome in einem einzelnen Quantenzustand einfängt", erklärt Weimer. Die abstoßende Kraft stellt dann sicher, dass dieses Einfangen bei einem bestimmten Abstand stattfindet, wodurch die Bindungslänge festgelegt wird. Der neue Bindungstyp unterscheidet sich grundlegend von seinem chemischen Pendant. Zum Beispiel ist die Bindung sehr robust und kann nur schwerlich durch eine Anregung mit konstanter Energie aufgebrochen werden.
Weimer und Lemeshko betrachten in ihrer Arbeit eine der grundlegendsten und frei verfügbaren Quellen für Quantenfluktuationen aus: Vakuumfluktuationen des elektromagnetischen Feldes. In der Vergangenheit hat das Ausnutzen dieser Fluktuationen zu bahnbrechenden Verbesserungen auf dem Gebiet der Laserkühlung geführt – und schließlich zum Nobelpreis für Physik 1997. Weimer vermutet, dass die ersten Anwendungen der neu entdeckten Bindung ebenfalls im Gebiet der Kühlung von atomaren Gasen sein könnten. „Wir sehen in unseren Berechnungen bereits einen Kühleffekt in Situationen, in denen konventionelle Laserkühlung nicht mehr funktioniert", sagt der Physiker.
LUH / PH