27.11.2025 • Großgeräte

JUNO-Experiment liefert erste Ergebnisse

Wichtige Kenngrößen des Detektors erfüllen die Erwartungen vollständig oder übertreffen sie sogar.

Das Institut für Hochenergiephysik der Chinesischen Akademie der Wissenschaften hat die erfolgreiche Fertigstellung des „Jiangmen Underground Neutrino Observatory“ (JUNO) bekannt gegeben und die ersten physikalischen Ergebnisse veröffentlicht. Nach mehr als zehn Jahren Planung, Bau und internationaler Zusammenarbeit ist JUNO nun der weltweit erste große, hochpräzise Neutrino-Detektor der nächsten Generation, der seinen Betrieb aufgenommen hat. Die ersten Daten zeigen, dass wichtige Kenngrößen des Detektors die Erwartungen vollständig erfüllen oder sogar übertreffen. Ein ausführlicher Artikel, der die Leistungsfähigkeit des Detektors beschreibt, wurde bei einer Fachzeitschrift eingereicht und am 18. November als Preprint veröffentlicht.

Ansicht der Photomultiplier-Röhren von JUNO
Ansicht der Photomultiplier-Röhren von JUNO
Quelle: JGU Mainz / Yuexiang Liu, JUNO-Kollaboration

Mit den Daten, die zwischen dem 26. August und dem 2. November 2025 aufgenommen wurden – nach nur 59 Tagen effektiver Datennahme nach Inbetriebnahme –, hat JUNO bereits die beiden sogenannten Sonnenneutrino-Oszillationsparameter, θ12 und Δm221, mit einer 1,6-fach besseren Genauigkeit gemessen als alle bisherigen Experimente zusammen. Diese Parameter, die ursprünglich mit Neutrinos von der Sonne bestimmt wurden, können auch mit Antineutrinos aus Kernreaktoren präzise gemessen werden. Vergleicht man bisherige Ergebnisse der beiden Methoden, zeigt sich eine leichte Abweichung auf dem Niveau von 1,5 Sigma, die manchmal als Sonnenneutrino-Spannung bezeichnet wird und auf mögliche neue Physik hindeuten könnte. Die neue Messung bestätigt diesen Unterschied, der nur durch das JUNO-Experiment unter Verwendung von Sonnen- und Reaktorneutrinos bewiesen oder widerlegt werden kann.

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„Dass wir diese Präzision bereits nach nur zwei Monaten Betrieb erreicht haben, zeigt, dass JUNO genau wie vorgesehen funktio­niert“, sagt Yifang Wang, Projekt­leiter und Sprecher von JUNO. „Mit dieser Genauigkeit wird JUNO bald die Neutrino-Massen­ordnung bestimmen, das Drei-Flavour-Oszillations­modell testen und nach neuer Physik jenseits dieses Modells suchen können.”

JUNO ist eine internationale Kollaboration, die vom Institut für Hochenergiephysik (IHEP) der Chinesischen Akademie der Wissen­schaften geleitet wird. An dem Projekt sind mehr als 700 Forschende aus 74 Institu­tionen in 17 Ländern und Regionen beteiligt. „Als Vorsitzender des JUNO-Institu­tional Board bin ich stolz darauf, dass diese globale Anstrengung einen solchen Meilenstein erreicht hat”, sagt Marcos Dracos von der Univer­sität Straßburg und dem CNRS/IN2P3 in Frankreich. „Der Erfolg von JUNO spiegelt das Engagement und die Kreati­vität unserer gesamten internationalen Gemeinschaft wider.”

„Das heute bekannt gegebene wissenschaft­liche Ergebnis zeugt davon, wie fruchtbar die Bemühungen der JUNO-Kollaboration in den letzten zehn Jahren waren, einen hoch­modernen Detektor zu entwickeln, der viele innovative technische Lösungen umfasst, in den nächsten Jahren die Neutrino­forschung prägen und Ergebnisse von höchster Präzision liefern wird. Viele Faktoren haben zu diesem Erfolg beigetragen, darunter war die Zusammen­führung von Erfahrung und Expertise in Flüssig­szintillations-Detektoren und den damit verbundenen Analyse­techniken – zusammen­getragen von Gruppen aus aller Welt – sicherlich entscheidend, um die beispiellose Leistungsfähigkeit von JUNO zu erreichen”, fügt Gioacchino Ranucci von der Universität Mailand sowie vom INFN Mailand, Italien, und stellver­tretender Sprecher von JUNO, hinzu.

Das Konzept von JUNO wurde 2008 vorgeschlagen, 2013 von der Chinesischen Akademie der Wissen­schaften und der Provinz­regierung von Guangdong genehmigt und finanziert, ergänzt 2014 durch die Zusage internationaler Beiträge. Der Bau des unterirdischen Labors startete 2015, die Instal­lation des Detektors begann 2021 und wurde im Dezember 2024 abgeschlossen. Nachdem der Detektor mit ultra­reinem Wasser und 20.000 Tonnen flüssigem Szintillator gefüllt wurde, zeichnet JUNO seit dem 26. August 2025 Messdaten auf.

Viele Jahre zielgerichteter Entwicklungs­arbeit haben eine Reihe entschei­dender technologischer Fortschritte hervor­gebracht. Dazu zählen hocheffiziente Photo­multiplier, ein außergewöhnlich transparenter Flüssig­szintillator, besonders strahlungs­arme Materialien sowie hochpräzise Systeme zur Kalibrierung des Detektors. Das Herzstück des Experiments ist eine 35,4 Meter große Acrylkugel, die 20.000 Tonnen Flüssig­szintillator enthält. Über 20.000 große und weitere 25.000 kleine Photo­multiplier umschließen das Innere des Detektors. Der Detektor ist in einem 44 Meter tiefen Wasser­becken installiert, das nicht nur als Abschirmung dient, sondern auch die Identifi­kation von Myonen ermöglicht.

Mit der bislang unerreichten Sensitivität des Detektors wird JUNO die Reihen­folge der Neutrino­massen bestimmen und Oszillations­parameter mit einer Genauigkeit von besser als einem Prozent messen. Darüber hinaus wird es Sonnen-, Atmosphären-, Supernova- und Geo­neutrinos untersuchen und kann nach Physik jenseits des Standard­modells suchen. JUNO ist für eine Betriebs­dauer von etwa dreißig Jahren ausgelegt und kann zu einem der weltweit empfind­lichsten Detektoren für neutrino­losen Doppel­beta­zerfall aufgerüstet werden, um die absolute Neutrino­masse zu ermitteln und zu testen, ob Neutrinos Majorana-Teilchen sind.  [JGU / GSI / dre]

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