12.09.2014

Langer Marsch an die Spitze

Ob Untergrund- oder Hochfeldlabor, die Volksrepublik China fördert mehrere physikalische Großprojekte.

Die Volksrepublik China, seit einigen Jahren die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt, schickt sich an, auch in der physikalischen Großforschung zu den führenden Staaten aufzuschließen. Beleg hierfür sind verschiedene Projekte, die teils bereits arbeiten und teils das Stadium ernsthafter Entwürfe erreicht haben: Zur ersten Kategorie zählt PandaX. Dieses im tiefsten Untergrundlabor weltweit, 2400 Meter unter der Oberfläche der südwestchinesischen Provinz Sichuan gelegene Experiment ist bereits heute einer der empfindlichsten Detektoren für hypothetische Weakly Interacting Massive Particles (WIMPs). Bis 2016 soll es ausgebaut werden auf eine Tonne flüssigen Xenons und sich am Renne um das erste signifikante Signal eines solchen Teilchens beteiligen.

Mithilfe von flüssigem Xenon wollen chinesische Wissenschafter sog. WIMPs (Weakly Interacting Particles) aufspüren. (Bild: Mengjiao Xiao / Shanghai Jiao Tong University)


Noch in diesem Jahr ist die Inbetriebnahme der neuen „Steady High Magnetic Field Experimental Facility“ auf dem Hefei Science Island (Provinz Anhui) geplant. Mit einem 45-Tesla-Hochfeldmagneten sollen dort unter anderem Quantenpunkte in dotierten Diamanten auf ihre Eignung für das Quantum Computing untersucht werden.

Das „Jiangmen Underground Neutrino Observatory“ (JUNO) befindet sich im Bau, die Fertigstellung ist für das Jahr 2020 vorgesehen. Ein Detektor in 700 Meter Tiefe soll dort mit 20 000 Tonnen Szintillatorflüssigkeit und 15 000 Fotomultiplieren eine Energieauflösung erreichen, welche die separate Bestimmung der drei Neutrinomassen erlaubt.

Das jüngste und ehrgeizigste physikalische Großprojekt wird, ebenso wie JUNO, vom Institute of High Energy Physics (IHEP) der Chinesischen Akademie der Wissenschaften betreut: Ein Elektron-Positron-Collider mit 52 oder sogar 80 km Umfang und einer Energie von rund 250 GeV. Dieser könnte als „Higgs-Fabrik“ die Eigenschaften des jüngst entdeckten Higgs-Bosons und weiterer Teilchen, die am LHC möglicherweise noch gefunden werden, im Detail untersuchen. Ein Beginn der Datenaufnahme ist im Jahr 2028 denkbar, sofern die chinesische Regierung dem Projekt zustimmt.

Ein solcher Collider der „Welt-Klasse“ könnte sicherlich nicht allein von der noch verhältnismäßig kleinen chinesischen Teilchenphysik-Community gebaut und betrieben werden, nicht nur finanziell, sondern auch organisatorisch würde man an Grenzen stoßen. Andererseits aber sind derartige Projekte ohnehin nur noch in internationaler Kooperation zu verwirklichen. Daher hat das International Committee on Future Accelerators (ICFA) bei seinem letzten Meeting in Valencia die chinesischen Pläne diskutiert und zu weiteren Studien für einen neuen großen Kreisbeschleuniger aufgerufen, der komplementär zum International Linear Collider (ILC) wäre, welcher vermutlich in Japan realisiert werden soll.

Matthias Delbrück 

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