15.04.2025

Satellitengalaxien von Andromeda stellen Standard-Kosmologie in Frage

Zwerggalaxien sind sehr ungleichmäßig angeordnet und machen Andromeda zu einem Ausreißer im kosmologischen Paradigma.

Die räumliche Verteilung von Galaxien liefert entscheidende Erkenntnisse über die Kosmologie und die Physik der dunklen Materie. Nach dem kosmologischen Standardmodell verschmelzen kleine Galaxien im Laufe der Zeit in einem chaotischen Prozess zu größeren Galaxien und hinterlassen Schwärme von kleinen Zwerggalaxien, die in einer fast zufälligen Anordnung massive Wirtsgalaxien umkreisen. Doch neue Forschungen am Leibniz-Institut für Astrophysik Potsdam AIP zeigen, dass die Satellitengalaxien der benachbarten Andromeda-Galaxie M31 überraschende und bisher unerklärte Eigenschaften haben.

Abb.: Die Andromeda-Galaxie ist von einer Zwerggalaxien-Konstellation umgeben,...
Abb.: Die Andromeda-Galaxie ist von einer Zwerggalaxien-Konstellation umgeben, die sehr ungleichmäßig angeordnet ist. Die Analyse kosmologischer Simulationen zeigt, dass dieses Ausmaß an Asymmetrie nur in 0,3 Prozent vergleichbarer Systeme zu finden ist, was Andromeda zu einem auffälligen Ausreißer im derzeitigen kosmologischen Paradigma macht.
Quelle: AIP

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Anstatt zufällig um ihre Wirtsgalaxie herum verteilt zu sein, wie es das Standardmodell der Kosmologie vorhersagt, sind über achtzig Prozent dieser Zwerggalaxien auf einer Seite der Andromeda-Galaxie konzentriert. Ein kürzlich veröffentlichter Datensatz mit homogenen Entfernungsmessungen für 37 Andromeda-Satelliten verdeutlicht diese unerwartete Anordnung. Mit nur einer Ausnahme liegen alle Andromeda-Satelliten innerhalb eines 107-Grad-Kegels, der auf die Milchstraße zeigt – eine Region, die nur 64 Prozent der Umgebung der Wirtsgalaxie abdeckt. Bisher war unklar, ob diese eigenartige Konfiguration das aktuelle kosmologische Modell in Frage stellt oder in den Bereich der kosmischen Varianz fällt.

„Diese Asymmetrie blieb bestehen und wurde sogar noch ausgeprägter, als leuchtschwächere Galaxien entdeckt und ihre Entfernungen verfeinert wurden“, erklärt Kosuke Jamie Kanehisa vom AIP. „Unsere Analysen zeigen, dass ein solches Muster in aktuellen kosmologischen Simulationen extrem selten ist.“

Moderne kosmologische Simulationen, die die Entwicklung von Galaxien über die kosmische Zeit hinweg verfolgen, sind ein wertvolles Instrument zur Vorhersage und zum Vergleich von Galaxiensystemen im kosmologischen Standardrahmen. „Mithilfe von zwei bekannten Simulationen haben wir nach Andromeda-ähnlichen Wirtsgalaxien gesucht und die räumliche Verteilung ihrer Zwergsatelliten mit Hilfe spezieller Metriken zur Quantifizierung der Asymmetrie analysiert. Der Vergleich der beobachteten Konfiguration von Andromeda mit diesen simulierten Modellen ergab, dass die Verteilung der Satelliten außerordentlich selten ist“, sagt Marcel Pawlowski vom AIP. „Wir müssen mehr als dreihundert simulierte Systeme betrachten, um nur eines zu finden, das in seiner Asymmetrie ähnlich extrem ist wie das beobachtete.“ Das macht Andromeda zu einem extremen Ausreißer, der den kosmologischen Erwartungen widerspricht.

Die Asymmetrie von Andromeda wird noch verblüffender, wenn man sie mit einem anderen ungewöhnlichen Merkmal kombiniert: Die Hälfte seiner Satelliten umkreist gemeinsam eine dünne, flache Struktur, die an Planeten erinnert, die die Sonne umkreisen. Die Koexistenz einer solchen Ebene von Satellitengalaxien und einer schiefen Satellitenverteilung ist im kosmologischen Standardmodell äußerst ungewöhnlich. Dies wirft die Frage auf, ob Andromedas Entwicklungsgeschichte eine einzigartige Anomalie ist oder ob unser Verständnis der Galaxienbildung auf kleinen Skalen unvollständig ist.

Obwohl diese Ergebnisse die aktuellen kosmologischen Theorien in Frage stellen, hängen sie stark von der Genauigkeit der zugrundeliegenden Simulationen ab, die dadurch begrenzt sind, wie gut sie die Sternphysik und die Galaxienentwicklung modellieren. Die nächsten Schritte bestehen darin festzustellen, ob Andromedas Konfiguration ein einzigartiger Ausreißer ist oder ob es anderswo ähnlich asymmetrische Galaxiensysteme gibt. Bemühungen, entfernte Systeme zu untersuchen und nach vergleichbaren Strukturen zu suchen, sind bereits im Gange, und Durchmusterungen der nächsten Generation wie Euclid werden diese Suche beschleunigen. Darüberhinaus wird eine weitere Analyse der Entwicklungsgeschichte von Andromeda dazu beitragen, herauszufinden, ob solche extremen Asymmetrien in einem von dunkler Materie dominierten Universum auf natürliche Weise entstehen können - und warum sie in aktuellen Simulationen nicht vorkommen.

AIP / RK

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