15.10.2025 • Großgeräte

JUNO hat Datennahme für Neutrinos gestartet

Neuartiger Detektor 700 Meter unter der Erde bestimmt Masse von Antineutrinos mit bislang unerreichter Genauigkeit.

Das unterirdische Jiangmen Underground Neutrino Observatory JUNO nahe der Stadt Jiangmen in der südchinesischen Provinz Guangdong, an dessen Vorbereitung auch Forschende des Exzellenzclusters PRISMA+ der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU) beteiligt sind, hat im August die Befüllung des Neutrinodetektors mit 20.000 Tonnen Flüssigszintillator abgeschlossen und mit der Datennahme begonnen. Nach über zehn Jahren Bauzeit ist JUNO das erste Experiment einer neuen Generation weltweit führender Neutrino-Experimente. In den vergangenen Monaten konnten erste Tests zeigen, dass die wichtigsten Leistungsmerkmale des Detektors die Designvorgaben erfüllen oder sogar übertreffen. Dies wird JUNO in die Lage versetzen, eine der gegenwärtig zentralen Fragen der Teilchenphysik zu untersuchen: die Ordnung der Neutrinomassen, und damit, ob der dritte Neutrino-Massenzustand (ν₃) schwerer ist als der zweite (ν₂).

JUNO wurde in einem eigens dafür geschaffenen unterirdischen Labor in 700 Meter Tiefe aufgebaut. Der Detektor weist Antineutrinos nach, die 53 Kilometer entfernt von den Kernkraftwerken in Taishan und Yangjiang erzeugt werden. Dabei misst JUNO deren Energiespektrum mit bisher unerreichter Präzision. Im Gegensatz zu anderen experimentellen Ansätzen ist die Methode von JUNO zur Bestimmung der Neutrino-Massenordnung unabhängig von Materieeffekten in der Erde und dem genauen Wert anderer Neutrino-Oszillationsparameter. JUNO wird zudem die Präzision mehrerer dieser Parameter um Größenordnungen verbessern. Auch ist JUNO ein äußerst sensitives Observatorium für Sonnen-, Supernova-, Atmosphären- und Geoneutrinos und wird auch für die Suche nach sterilen Neutrinos und Protonenzerfall genutzt werden.

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JUNO wurde 2008 vorgeschlagen und 2013 von der Chine­sischen Akademie der Wissen­schaften und der Provinz Guang­dong genehmigt. Der Bau des Unter­grund­labors begann 2015. Die Installation des Detek­tors startete im Dezember 2021 und wurde im Dezember 2024 abgeschlossen. Daraufhin wurden innerhalb von 45 Tagen 60.000 Tonnen höchst­reines Wasser eingefüllt, wobei die Flüssig­keits­stände innerhalb und außerhalb der zentralen Plexi­glas­kugel auf wenige Zenti­meter genau gehalten und die Durch­fluss­mengen mit einer Unsicher­heit unter 0,5 % kontrol­liert wurden, um die struktu­relle Integrität des Detektors zu gewährleisten. In den folgenden sechs Monaten wurden 20.000 Tonnen Flüssigszintillator in die Plexi­glas­kugel gefüllt, wobei das Wasser verdrängt wurde. Dabei mussten strenge Anforde­rungen an Reinheit, optische Transparenz und extrem niedrige Radio­aktivität für Wasser und Szintil­lator eingehalten werden. Parallel dazu startete die Kollabo­ration die Inbetrieb­nahme und Optimierung des Detektors, was nach Abschluss der Füll­phase einen direkten Übergang zum vollen Betrieb von JUNO ermöglicht.

Das Herzstück des JUNO-Experiments ist der zentrale Flüssig­szintillations­detektor zum Nachweis der Neutrinos mit einer bislang unerreichten effektiven Masse von 20.000 Tonnen. Dieser ist eingebettet in ein 44 Meter tiefes Wasserbecken. Eine 41 Meter hohes Edelstahl­gerüst umgibt den Detektor und trägt dabei die 35,4 Meter messende Plexi­glas­kugel, den Szintil­lator, 20.000 Photo­multi­plier-Röhren (PMTs) mit 20 Zoll (50 cm) Durch­messer, 25.600 PMTs mit 3 Zoll (7,5 cm) Durch­messer, die Front-End-Elektronik, Verka­belung und magne­tische Kompen­sations­spulen. Alle PMTs zusammen sammeln das Szintilla­tions­licht von Neutrino-Reaktionen und wandeln die nachge­wiesenen Photonen in elektrische Signale um.

JUNO wird vom Institut für Hoch-Energie Physik (IHEP) der Chinesischen Akademie der Wissen­schaften betrieben und vereint über 700 For­schende aus 74 Institu­tionen in 17 Ländern. Aus Deutsch­land sind – mit Unterstützung durch die DFG – sechs Forschungsgruppen am Experiment beteiligt. Das Experiment ist für eine Laufzeit von bis zu dreißig Jahren ausgelegt. Perspektivisch bietet der Detektor die Möglichkeit für ein Upgrade, um eine dann weltweit führende Suche nach dem neutrinolosen Doppel-Beta-Zerfall durchführen zu können. Ein solches Upgrade könnte die absolute Massenskala der Neutrinos erforschen und testen, ob Neutrinos Majorana-Teilchen sind – eine fundamentale Frage, die Teilchenphysik, Astrophysik und Kosmologie verbindet. [JGU / GSI / dre]

Anbieter

Johannes Gutenberg-Universität Mainz

Saarstr. 21
55122 Mainz
Deutschland

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