„The Abbe Number“ – Jenoptik-Hochhaus wird zum Glasquader
Bis zum 31. Oktober 2025 wird das Ernst-Abbe-Hochhaus zu jeder halben und vollen Stunde virtuell zum optischen Medium.
Die Installation „The Abbe Number“ verwandelt das Ernst-Abbe-Hochhaus (Bau 36) mittels „Forced Perspective Projection Mapping“ in einen fragmentierten Glasquader. Das Gebäude wird dabei virtuell zum optischen Medium, welches das einfallende Licht in seine Spektralfarben zerlegt – eine direkte Hommage an Ernst Abbes fundamentale Forschungen zur Dispersion, deren maßgebliche Größe durch die „Abbe-Zahl“ beschrieben wird.

In optischen Geräten tritt wellenlängenabhängige Dispersion als chromatische Aberration auf. Diese wird normalerweise aufwändig korrigiert. In „The Abbe Number“ wird sie nun zur ästhetischen Essenz. Die animierten Glasfragmente erzeugen ein kaleidoskopisches Farb- und Formenspiel, dessen dynamische Rhythmisierung die komplexe Physik der Lichtbrechung auf poetische Art und Weise übersetzt. Dabei wird die Simulation der zwei Projektor-Lichter aus Richtung Volkshaus Jena und Carl-Zeiß-Platz als technische Realität direkt mit in die künstlerische Arbeit eingebunden.
Die Arbeit materialisiert wissenschaftliche Präzision als ästhetische Erfahrung. Die Abbe-Zahl wird zum Generator einer visuellen Komposition aus Licht, Farbe und Architektur. So transformiert sich das Hochhaus vom funktionalen Bauwerk zum Dispersionsprisma – ein überlebensgroßes Monument für die Verbindung von Wissenschaft und Kunst.
Die Arbeit stammt vom Berliner Studio ZEITGUISED, die als Pionier der algorithmisch-fotografischen 3D-Simulation gelten. Seit bereits vier Jahrzehnten geht das Studio an die Grenzen der digitalen Bildsprache und erweitert sie ständig. Beginnend mit generativer Programmierung (1986), frühen 3D-Renderings (1998) und VR-Installationen (2001) etabliert das Studio einen unverwechselbaren grafisch-skulpturalen Stil, sichtbar im Video „The Zoo“ (2004) und im Experimentalfilm „Peripetics“ (2021). Die digitalen Textildesigns von „geist.xyz“ (2016) sind Bestandteil des Victoria & Albert Museums. Mithilfe von Echtzeit-Simulationen gehören vor allem Bühnenbilder, AR-Skulpturen und Virtual Production-Sets zu den heutigen Arbeiten des Studios, das sich im Spannungsfeld zwischen experimentellem Design und bildender Kunst, zwischen virtueller Simulation und physischer Materialität positioniert.
Die hauseigenen Kunstausstellungen der Jenoptik gibt es bereits seit 1996. Sie bieten unter dem Namen „tangente“ Berührungspunkte von Wirtschaft, Technologie, Kunst, Licht und Wahrnehmung. 2022 wandelte Jenoptik die Ausstellungsreihe zur „tangente digital art“, die internationale und nationale digitale Kunst am Hochhaus und Hauptsitz der Jenoptik zeigt, und holt damit ihr Kunstengagement in den breiteren öffentlichen Raum. Projiziert werden die Kunstwerke jeweils in eine Größe von 960 bzw. 625 Quadratmetern an zwei Fassaden des Hochhauses im Zentrum der Lichtstadt Jena. ZEITGUISED ist die achte Ausstellung der tangente digital art. [Jenoptik / dre]