JUNO im Hades
Baubeginn für das internationale unterirdische Neutrino-Experiment JUNO.
Nahe der südchinesischen Stadt Jiangmen hat der Bau für das Neutrino-Experiment JUNO mit einer offiziellen Zeremonie zum ersten Spatenstich begonnen. Am Jiangmen Underground Neutrino Observatory (JUNO) sind mehr als fünfzig Institute aus China, den USA und Europa beteiligt, davon sechs allein aus Deutschland. Ab dem Jahr 2020 wird JUNO dann neue Erkenntnisse zu den Teilcheneigenschaften des Neutrinos liefern. „JUNO soll die Oszillationen der Neutrinos präzise vermessen und damit eine der aktuellsten Fragen in der Neutrino-Physik untersuchen: die Anordnung oder Hierarchie der Neutrinomassen“, erklärt Michael Wurm von der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU). Er ist als einer der deutschen Partner an JUNO beteiligt und hat den Startschuss für den Bau des Untergrundlabors am 10. Januar vor Ort mitverfolgt.
Abb.: Schematische Darstellung des JUNO-Detektors mit der abgeschirmten Plexiglassphäre: Der Detektor ist von einem mit Wasser gefüllten „Swimmingpool“ umgeben, der externe radioaktive Strahlung abschirmt. (Bild: M. Wurm)
Neutrinos sind nur unter großem Aufwand in meist unterirdischen Detektoren nachzuweisen. Neutrinos kommen in drei unterschiedlichen Arten vor: Elektron-, Myon- und Tau-Neutrinos. Sie können sich ineinander umwandeln, ein Phänomen, das als Neutrinooszillation bezeichnet wird. Aus dem beobachteten Oszillationsmuster lassen sich auch Rückschlüsse auf die Masse der Teilchen ziehen.
„Das Auftreten von Oszillationen setzt voraus, dass Neutrinos mit drei unterschiedlichen Massen vorkommen. Aber welches der drei ist das leichteste, welches das schwerste? Das JUNO-Experiment wird sensitiv genug sein, um die Massen den drei Neutrinoarten nun auch eindeutig zuordnen zu können“, so Wurm. Der Teilchenphysiker, der auch an dem Borexino-Experiment zur Erforschung von solaren Neutrinos im italienischen Gran-Sasso-Gebirge beteiligt ist, sieht darin einen wichtigen Schritt, um langfristig Informationen über die Verletzung der Materie-Antimaterie-Symmetrie im Neutrinosektor gewinnen zu können. Die Wissenschaft erwartet davon Antworten auf die Frage, weshalb sich Materie und Antimaterie nach dem Urknall nicht vollständig gegenseitig vernichtet haben.
Abb.: Zufahrt zu dem geplanten unterirdischen Neutrino-Observatorium (Bild: INFN)
Die Anordnung der Neutrinomassen macht sich durch nur winzige Veränderungen im Oszillationsmuster bemerkbar, die in heutigen Experimenten nicht beobachtet werden können. Der JUNO-Detektor wird deshalb in einem eigens geschaffenen Untergrundlabor aufgebaut, das in etwa fünfzig Kilometern Abstand zu zwei Reaktorkomplexen an der südchinesischen Küste liegt. Die von den Reaktoren ausgesandten Neutrinos werden anhand kleiner Lichtblitze im Szintillatortarget des Detektors nachgewiesen. 20.000 Tonnen einer Mineralöl-ähnlichen Flüssigkeit befinden sich gut abgeschirmt von äußerer Strahlung in einer 35 Meter durchmessenden Plexiglassphäre im Zentrum des Detektors, dessen Oberfläche dicht mit Lichtsensoren bestückt ist. JUNO ist damit fast hundert Mal größer als der Borexino-Detektor. Es wird erwartet, dass fünf Jahre Messzeit erforderlich sind, um der Massenhierarchie auf die Spur zu kommen.
U. Mainz / DE