30.03.2006

Beobachter bejubeln Sonnenfinsternis

Zahllose Beobachter verfolgten in Afrika und dem Mittelmeerraum die totale Sonnenfinsternis.


Offenbach/Istanbul/Athen (dpa) - Die Sonnenfinsternis hat sich am Mittwoch über Deutschland weitgehend hinter Wolken abgespielt. Ein trüber Himmel erlaubte nach Angaben des Deutschen Wetterdienstes nur vereinzelt Blicke auf das Naturschauspiel, das in Mitteleuropa als Teilfinsternis zu sehen war, bei der die Sonnenscheibe nur teilweise verdeckt wird. In Afrika und dem Mittelmeerraum konnten dagegen bei bestem Wetter zahllose Beobachter verfolgen, wie sich der Neumond vor die Sonnenscheibe schob.

Auf der kleinen griechischen Insel Kastellorizon mit nur 250 Einwohnern versammelten sich rund 3000 Besucher und überfüllten fast die gesamte malerische Hafenpromenade. «Es ist eins der spektakulärsten Naturphänomene. Hier hat die totale Sonnenfinsternis rund 2,5 Minuten gedauert», sagte der griechische Astrophysiker Ioannis Seiradakis im Fernsehen. Das nur neun Quadratkilometer kleine Eiland vor der türkischen Küste war das einzige EU-Territorium, wo sich eine totale Sonnenfinsternis mit vorübergehender Dunkelheit beobachten ließ. «Noch nie hatten wir so einen Menschenauflauf auf unserer Insel», sagte eine Einwohnerin im Fernsehen.

Während der Finsternis wurden die Planeten Merkur und Venus sowie zahlreiche Sterne sichtbar, die Temperatur sank um fünf Grad Celsius. Vögel setzten sich auf Bäumen zur Ruhe, Haustiere wie Hunde und Katzen reagierten verstört, wie Besucher berichteten. Doch auch für manchen Menschen war die Finsternis ein ungewohntes Erlebnis: «Obwohl wir alles über das Phänomen wissen, spürt man doch noch eine gewisse Urangst. Es war irgendwie gespenstisch», berichtete eine Astrophysik-Studentin im griechischen Rundfunk.

Der Mondschatten raste anschließend quer über die Türkei. Im antiken Apollon-Tempel in Side jubelten «Sofi»-Fans aus zahlreichen Ländern, als sich zu klassischer Musik die Sonne verfinsterte. Doch das Himmelsschauspiel weckte auch Ängste: Wissenschaftler in der Türkei wiederholten, die Finsternis sei nicht als Vorzeichen für ein Erdbeben zu deuten. 1999 hatte zufällig eine Woche nach einer Sonnenfinsternis in der Türkei die Erde gebebt.

In Nigeria hatten am Vormittag Muslime mit lauten «Gott ist groß»-Rufen den Beginn der totalen Sonnenfinsternis begrüßt. Viele Nigerianer deuteten das Naturereignis als ein «Zeichen Gottes», manche flüchteten aus Angst in ihre Häuser. «Warum ist sie in Nigeria zu sehen, wenn es nicht eine Strafe für unsere Sünden ist?» sagte Musa Abubakar aus Kaduna. 1989 war es bei einer Sonnenfinsternis in Nigeria zu Ausschreitungen fanatischer Muslime gekommen, die mehrere Kirchen anzündeten.

Das Naturschauspiel hatte mit dem Sonnenaufgang in Ostbrasilien begonnen. Der Kernschatten des Mondes war anschließend über den Atlantik, Nordafrika und den östlichen Mittelmeerraum gerast. Zwischen Russland und der Mongolei ging das Himmelsspektakel schließlich in der von Osten heraufziehenden Nacht zu Ende. Auch im Süden Russlands und in Sibirien strömten tausende Menschen auf die Straßen, um die Finsternis zu bewundern.

In Deutschland machte eine ausgedehnte Wolkendecke den meisten Beobachtern einen Strich durch die Rechnung. «Für einen Großteil der Menschen fiel die Teilfinsternis aus», sagte Meteorologe Thomas Ruppert vom Deutschen Wetterdienst (DWD) in Offenbach. Lediglich im Osten Deutschlands hätten Chancen bestanden, das Ereignis zu beobachten. Auch in Hessen und Bayern erhaschten Beobachter vereinzelt Blicke auf das Naturphänomen.

Zuletzt war in Mitteleuropa vor knapp sechs Monaten eine Teilfinsternis der Sonne zu sehen. Die nächste totale Sonnenfinsternis findet am 1. August 2008 statt, unter anderem über Sibirien. Von Deutschland aus wird sie wieder als Teilfinsternis zu verfolgen sein.

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