16.07.2015

Buckyballs in der Milchstraße

Laborexperimente bestätigen diffuse interstellare Absorption durch molekulare Kohlenstoff-Bälle.

In den vergangenen hundert Jahren sind Astronomen in den Spektren von Sternen auf über 400 diffuse interstellare Absorptionsbanden gestoßen. Bislang konnte für keine dieser sich vom nahen UV bis zum nahen Infrarot verteilenden Absorptionen die verursachenden Moleküle eindeutig identifiziert werden – trotz einer großen Zahl von Laboruntersuchungen, theoretischer Modellierungen und astronomischer Messungen. Die Reihe möglicher Kandidaten reicht dabei von Staubkörnchen bis zu komplexen Kohlen­stoff­ver­bindungen. Bereits kurz nach der Entdeckung von sphärischen Molekülen aus sechzig Kohlenstoffatomen, den Buckminsterfullerenen oder kurz Buckyballs, gerieten auch diese ins Visier der nach Erklärungen für die diffusen Ab­sorp­tions­banden suchenden Astronomen.

Abb.: Buckyballs – ballförmige Moleküle aus 60 Kohlenstoff-Atomen (oben) kommen im interstellaren Medium vor und verursachen charakteristische Absorptionslinien (unten) im Licht von Sternen. (Bild: E. K. Campbell / NPG)

Im Jahr 1994 zeigte die österreichische Astrobiologin Pascale Ehrenfreund, dass die Absorptionsbanden bei 9577 und 9632 Ångström nahezu – aber nicht exakt – mit der Absorption von Buckyballs übereinstimmen, die für die Untersuchung im Labor in eine Matrix aus Neon eingebettet waren. Das war zwar ein deutliches Indiz für Kohlenstoff-Bälle als Verursacher. Ein endgültiger Beweis erforderte jedoch die Untersuchung von Buckyballs in der gas­förmigen Phase unter Bedingungen, die jenen im interstellaren Medium entsprechen.

Das ist nun John Maier von der Universität Basel und seinen Kollegen gelungen. Das Team schloss dazu mehrere Tausend C60-Kationen in einer Hochfrequenzfalle ein und kühlte sie durch Kollisionen mit Helium hoher Dichte auf 5,8 Kelvin ab. Mithilfe von Diodenlasern konnten die Forscher dann die Buckyballs in der Gasphase spektroskopieren. Das von Maier und seinem Team so gemessene Absorptionsspektrum zeigt Maxima bei Wellenlängen von 9577,5 und 9632,2 Ångström bei einer Genauigkeit von einem Zehntel Ångström. Nicht nur die Wellenlänge, auch die Breite der Absorptionslinien stimmt nun hervorragend mit den astronomischen Beobachtungen überein. „Wir haben damit C60+ eindeutig als Ursache für die diffusen Absorptions­banden bei 9577 und 9632 Ångström identifiziert“, so die Wissenschaftler.

Auch Ehrenfreund freut sich über die „erstaunliche Übereinstimmung“ zwischen den Labor-Messungen und den astronomischen Beobachtungen, die nach 21 Jahren ihre Vermutung bestätigt. „Das Trägermolekül könnte“, so folgert die Forscherin „ein wichtiges Reservoir an organischem Material im Universum darstellen.“ Die Forscherin sieht in der Arbeit von Maier und seinem Team einen ersten Schritt, auch weiteren Verursachern der diffusen Banden auf die Spur zu kommen. Auf diese Weise könnten die Astronomen schon bald einen tieferen Einblick in die chemischen Reaktionsketten im interstellaren Medium erhalten.

Rainer Kayser

RK

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