GW250114 bestätigt Hawking und Kerr
Das internationale Netzwerk von Gravitationswellen-Detektoren hat das bisher deutlichste Signal untersucht, das je auf der Erde von zwei verschmelzenden schwarzen Löchern gemessen wurde.
Die am 25. Januar gemessene Verschmelzung zweier schwarzer Löcher ist das bislang deutlichste Gravitationswellen-Signal, und erlaubte Forschenden einige der strengsten Tests der allgemeinen Relativitätstheorie und die Bestätigung Hawkings Flächentheorems für schwarze Löcher durchzuführen. Die Raum-Zeit-Welle stauchte und streckte die langen lasergekoppelten Arme der Detektoren um etwa ein Tausendstel eines Protondurchmessers. Seit der ersten Messung von Gravitationswellen vor zehn Jahren sind die Messapparate wesentlich empfindlicher und die Datenanalyse effizienter geworden. Daher hebt sich das aktuelle Gravitationswellensignal GW250114 stärker als je zuvor vom Untergrundrauschen der Instrumente ab.

Die Ursache für das Signal ist die Verschmelzung zweier schwarzer Löcher, 30- bis 40-Mal so massereich wie die Sonne, die sich in einer Entfernung von etwa 1,3 Milliarden Lichtjahren befanden. Die Prägnanz des Signals erlaubt es, grundlegende physikalische Erkenntnisse abzuleiten. Dem Team gelang der bislang beste beobachtungsbasierte Beweis für das Flächentheorem schwarzer Löcher, das Stephen Hawking im Jahr 1971 aufstellte. Dieses Theorem besagt, dass die Gesamtoberfläche der Ereignishorizonte von schwarzen Löchern auch bei einer Verschmelzung nicht abnehmen darf.
Die Gravitationswellensignale begleiten den Prozess der Verschmelzung und erlauben, die Oberflächen der schwarzen Löcher vor der Verschmelzung und die des verschmolzenen schwarzen Lochs zu messen und diese dank der hohen Qualität des Signals GW250114 mit ausreichender Genauigkeit zu vergleichen. Anschaulich betrachtet, hörten Forschende dank der Gravitationswellen zu, wie zwei schwarze Löcher zu einem einzigen, größeren Loch heranwuchsen und bestätigten so Hawkings Theorem. Die Daten deuten sogar darauf hin, dass die Fläche des verschmolzenen schwarzen Lochs etwas größer ist als die Summe der Flächen vor der Verschmelzung.
In der veröffentlichten Studie identifizierten die Astronominnen und Physiker darüber hinaus erstmals mit hoher Sicherheit zwei unterschiedliche Gravitationswellen-Moden – also zwei unterschiedliche Töne – im „Ringdown“. Der Ringdown ist der Moment, in dem der enge Tanz beider schwarzer Löcher abklingt, also die Phase, in der das finale schwarze Loch unmittelbar nach der Verschmelzung seinen Endzustand einnimmt. Dieser Moment ähnelt dem Ton, den ein taumelnder Teller macht, der rhythmisch auf auf der Stelle kreiselt. Mit der Zeit werden die Kreise enger und schneller, der Ton steigert sich zu einem hohen sirrenden Klang und bricht sofort ab, wenn der Teller zum Stillstand kommt.

Die beiden Ton-Moden des Schwarz-Loch-Paares haben sehr ähnliche Frequenzen, was ihre Identifizierung erschwert, klingen aber unterschiedlich schnell aus. Die Genauigkeit des Ringdown-Signals von GW250114 erlaubte es dem Team so, beide Töne zu extrahieren. „Wir haben eine spektroskopische Untersuchung des schwarzen Lochs durchgeführt, das heißt wir haben die unterschiedlichen Töne untersucht, die während der letzten Abklingphase der Verschmelzung abgegeben wurden. Wir konnten zuverlässig überprüfen, ob sich das Objekt tatsächlich wie ein rotierendes schwarzes Loch verhält“, sagt Lorenzo Pompili, Doktorand am Max-Planck-Institut für Gravitationsphysik. Das Ergebnis: „Die erwarteten Frequenzen und Abklingzeiten stimmten mit den Vorhersagen Einsteins allgemeiner Relativitätstheorie überein“, sagt Pompili.
„Zusätzlich konnten wir bei GW250114 erstmals auch die Eigenschaften eines dritten, höheren Tons beim Ausklingen des zurückbleibenden schwarzen Lochs eingrenzen“, erklärt Alessandra Buonanno, Direktorin am Max-Planck-Institut für Gravitationsphysik. „Wir haben einige der bislang genauesten Überprüfungen der allgemeinen Relativitätstheorie vorgenommen“, sagt Buonanno. Die Ergebnisse einiger dieser Tests, die auf diesem einzelnen Signal beruhen, sind zwei- bis dreimal genauer als die der gleichen Tests, die auf der kombinierten Untersuchung von Dutzenden der lautesten Verschmelzungsereignisse aus dem neuesten Gravitationswellensignalkatalog (GWTC-4.0) beruhen.
Buonanno ergänzt: „Insgesamt wurden Einsteins allgemeine Relativitätstheorie und die Kerr-Lösung für schwarze Löcher erneut empirisch bestätigt.“ Die 1963 von Roy Kerr gefundene Lösung für rotierende schwarze Löcher ist seit der Entdeckung von Quasaren von großer Bedeutung für die Astrophysik und die Grundlagenphysik.
Der erste Nachweis von Gravitationswellen von verschmelzenden schwarzen Löchern am 14. September 2015 eröffnete ein Beobachtungsfenster zum unsichtbaren aber spürbaren Universum. Davor waren Forschende vor allem darauf angewiesen, mit Teleskopen Licht zu messen, das astronomische Objekte bei verschieden Wellenlängen aussenden oder Teilchen nachzuweisen, die von extremen astrophysikalischen Objekten ins All beschleunigt werden.
Am 14. September 2015 erreichte ein Signal von einem Paar schwarzer Löcher die Erde. Es enthielt Informationen darüber wie sich die beiden Objekte in einer fernen Galaxie umrundet hatten, sich immer näher kamen und schließlich miteinander verschmolzen. Die beiden Detektoren des Laser Interferometer Gravitational-Wave Observatory (Ligo) beobachteten zum ersten Mal Gravitationswellen von verschmelzenden schwarzen Löchern. Seitdem wurden rund 300 weitere Verschmelzungen beobachtet, auch von Neutronensternen. Forschende des Max-Planck-Instituts für Gravitationsphysik und der Leibniz-Universität Hannover haben dazu in vielen Schlüsselbereichen entscheidende Beiträge geleistet.

„Es war eine unglaubliche Reise, die uns zu diesem bemerkenswerten Meilenstein vor zehn Jahren geführt hat. Seit den Anfängen dieses Forschungsgebiets treiben unsere Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler die Entwicklung neuer Technologien und Analysetechniken voran“, sagt Karsten Danzmann, Direktor am Max-Planck-Institut für Gravitationsphysik und Direktor des Instituts für Gravitationsphysik an der Leibniz Universität Hannover.
Dank dieser historischen Entdeckung können Astronominnen und Astronomen das Universum nun auf insgesamt drei verschiedene Arten beobachten: Elektromagnetische Wellen – wie sichtbares Licht, Röntgenstrahlung und Radiowellen –, hochenergetische Teilchen und Neutrinos und nun auch: Gravitationswellen, also das Erzittern der Raumzeit, ausgelöst durch beschleunigte extreme Massenkonzentrationen. Für diese Entdeckung wurden Rai Weiss, Kip Thorne und Barry Barish im Jahr 2017 mit dem Nobelpreis für Physik ausgezeichnet. [EGO / MPG / APS / dre]
Weiterführende Links
- Originalveröffentlichung
A. G. Abac et al. (LIGO Scientific, Virgo, and KAGRA Collaborations), GW250114: Testing Hawking’s Area Law and the Kerr Nature of Black Holes, Phys. Rev. Lett. 135, 111403, 10. September 2025; DOI: https://doi.org/10.1103/kw5g-d732 - European Gravitational Observatory (EGO), Cascina, Italy
- LIGO Laboratory, California Institute of Technology, Pasadena, Calif.