28.08.2025 • Relativitätstheorie

Gravitationswellen von der Sonne

Laut einer Arbeit des IFIC, des DESY und des Exzellenzclusters Quantum Universe der Universität Hamburg strahlt unser Heimatstern ultraschwache Gravitationswellen über ein enormes Frequenzspektrum aus.

Eine Zusammenarbeit zwischen Forschern des Instituto de Física Corpuscular (IFIC, CSIC – Universitat de València), DESY und Quantum Universe hat zur bislang genauesten Vorhersage von in der Sonne produzierten Gravitationswellen geführt. Gravitationswellen sind winzige Störungen in Raum und Zeit, die entstehen, wenn sich sehr massereiche Objekte bewegen oder zusammenstoßen. Laut der theoretischen Studie senden selbst ganz normale physikalische Vorgänge im Sonneninneren kontinuierlich ein extrem schwaches, hochfrequentes Hintergrundrauschen aus Gravitationswellen aus. „Hochfrequent“ bedeutet in diesem Zusammenhang, dass diese Wellen deutlich schneller schwingen als die bisher messbaren Gravitationswellen von etwa kollidierenden Schwarzen Löchern. Dieses Signal ist mit heutiger Technologie nicht messbar, liefert jedoch eine präzise Referenz für zukünftige Forschungsarbeiten.

UV-Aufnahme der Sonne vom Satelliten “Solar Orbiter”
UV-Aufnahme der Sonne vom Satelliten “Solar Orbiter”
Quelle: ESA & NASA/Solar Orbiter/EUI Team, E. Kraaikamp (ROB)

Während sich heutige Gravitations­wellen­detektoren auf nieder­frequente Signale konzen­trieren – wie sie bei der Kollision von Schwarzen Löchern oder Neutronen­sternen entstehen – beschäftigt sich eine wachsende Forschungs­gemeinschaft inzwischen mit einem neuen Terrain: dem Hoch­frequenz­spektrum.

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Kai Schmitz • 7/2025 • Seite 28

Rauschende Raumzeit

Dieses neue Forschungs­feld ist erst in den letzten Jahren entstanden, befeuert durch neue theore­tische Ansätze und experi­mentelle Konzepte, mit dem Ziel, Signale aus der Frühzeit des Universums nachzuweisen. Bislang wurde angenommen, dass in diesen hoch­frequenten Bereichen keine störenden astro­physika­lischen Hinter­grund­signale auftreten – diese Studie wider­spricht nun genau diesem Gedanken.

„Das eröffnet einen bislang übersehenen Blick auf hoch­frequente Gravitations­wellen“, sagt Camilo García-Cely vom IFIC, der die Arbeit gemeinsam mit DESY-Theoretiker Andreas Ringwald durchgeführt hat. „Wir wissen jetzt, dass selbst gewöhnliche Sterne wie die Sonne Gravitations­strahlung im Hoch­frequenz­bereich abgeben – auf einem Niveau, das mit dem früher Prozesse im frühen Universum vergleichbar ist.“

„Die Sonne leuchtet noch nicht wirklich in Gravitations­wellen“, meint Ringwald. „Aber aus optimis­tischer Sicht bedeutet das genau: Wir haben einen weiten, nahezu ungestörten Raum zur Entdeckung neuer Physik. Ob sich solche Wellen künftig wirklich messen lassen, ist zwar offen – aber wenn, könnten sie einzigartige Einblicke ins Sonneninnere liefern.“

Die Leistung der Gravitationsstrahlung aus dem Sonneninneren über deren Frequenzen.
Die Leistung der Gravitationsstrahlung aus dem Sonneninneren über deren Frequenzen.
Quelle: Camilo Garcia-Cély, Andreas Ringwald

DESY prüft derzeit verschiedene Wege, sich auch experi­mentell an diesem neuen Forschungs­feld zu beteiligen. Dazu zählen Projekte wie ALPS II, BabyIAXO, MADMAX, MAGO und NEST, die darauf abzielen, extrem schwache Signale von Axionen oder hoch­frequenten Gravitations­wellen nachzuweisen. Die Gruppe von García-Cely am IFIC ist Teil eines spanischen Forschungs­verbunds, der aktiv an diesen Experi­menten beteiligt ist.

Die Studie greift eine Idee aus den 1960er-Jahren wieder auf, die auf den Physiknobelpreisträger Steven Weinberg zurückgeht. Dieser hatte die Gesamtleistung der von der Sonne ausgesendeten Gravitationsstrahlung abgeschätzt, jedoch kein vollständiges Spektrum angegeben. „Wir konnten sein Vermächtnis erweitern, indem wir zusätzliche physikalische Effekte integriert und ein vollständiges, konsistentes Spektrum über eine breite Frequenzspanne hinweg berechnet haben“, so García-Cely.

„Besonders spannend war, wie viele verschiedene Bereiche der Physik in diese Arbeit eingeflossen sind“, resümiert Ringwald. „Solch ein interdisziplinärer Ansatz ist essenziell, wenn wir dem Universum auf die grundlegendsten Fragen näherkommen wollen.“ [DESY / U Hamburg / dre]

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