22.10.2025 • Nanophysik

Unerwartet hohe Wärmeübertragung in der Nanowelt

Studie der Universität Oldenburg bestätigt Effekt, der physikalisch bislang nicht erklärbar ist.

Zwischen Objekten, die nur ein paar Moleküldurchmesser auseinanderliegen, wird mehr Wärme übertragen als es bisherige physikalische Theorien vorhersagen. Dieses bereits vor einigen Jahren beobachtete Phänomen hat ein Forschungsteam der Universität Oldenburg nun mit besonders genauen Messungen bestätigt: Bei Abständen, die nur wenige Nanometer groß sind, ist der Wärmefluss von einer warmen Messsonde zu einer kalten Probenoberfläche etwa hundertmal so groß wie es theoretische Vorhersagen erwarten lassen, berichten die Forschenden. Die Messung bestätigt damit Experimente der Oldenburger Gruppe aus dem Jahr 2017, denen zufolge der Wärmefluss im „extremen Nahfeldbereich“ deutlich stärker ist als bislang angenommen. Die Ursache dafür ist noch unverstanden.

Wie Wärme zwischen zwei Objekten durch Wärmestrahlung übertragen wird, beschreiben das Plancksche und Kirchhoffsche Strahlungsgesetz. Bereits seit einiger Zeit ist bekannt, dass diese Gleichungen im Nahfeld – bei Abständen von weniger als zehn Mikrometern – nicht mehr gilt: Der Wärmefluss von einem Körper zum anderen kann den vom Planckschen Gesetz vorhergesagten Wert um den Faktor tausend übertreffen. Dieses Phänomen ist experimentell und theoretisch gut verstanden. „Im Nahfeld kann im Prinzip jedes Material sehr viel mehr Wärme übertragen, als es dem Planckschen Strahlungsgesetz zufolge möglich sein sollte“, erläutert Biehs.

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Svend-Age Biehs • 9/2019 • Seite 56

Wärmestrahlung im Nanobereich

2017 fand ein Oldenburger Team um Kittel und Biehs [Kasten r.] über­raschend Hinweise darauf, dass die Wärme­über­tragung bei noch gering­eren Abständen – unter­halb von rund zehn Nano­metern – noch einmal dras­tisch ansteigt. Die Mes­sungen hatten sie mit einer Art Wärme­kamera für den Nano­bereich durchge­führt, dem welt­weit einzig­artigen, in Olden­burg entwick­elten Nahfeld­raster­wärme­mikro­skop. Aller­dings konnte das Team nicht zweifels­frei aus­schließen, dass der Effekt durch Ver­unreini­gungen oder Mess­fehler zu erklären ist.

In der aktuellen Studie änderten die For­schen­den daher ihre Mess­anord­nung, um den Über­gang der Wärme­über­tragung vom Nahfeld zum extremen Nahfeld in verschie­denen Abständen besonders präzise zu messen. Vor Beginn der Mes­sungen reinigten sie sowohl Mess­sonde als auch die Probe, einen dünnen Gold­film, beson­ders gründ­lich in mehreren Schritten. Als Sonde des Wärme­mikro­skops verwen­deten sie diesmal statt einer scharfen Spitze eine mit Gold über­zogene Kugel. Dies ging zwar auf Kosten der Genauig­keit bei der räum­lichen Vermes­sung der Probe, erlaubte es jedoch, den Wert der über­tragenen Wärme mit hoher Präzi­sion zu messen. „Wir haben quasi aus einem Ferrari einen Trak­tor gemacht, dadurch aber die Mess­genauig­keit für die Wärme­über­tragung am Über­gang vom Nahfeld zum extremen Nahfeld erhöht“, erklärt Kittel.

Die Experimente führte Fridolin Geesmann in seiner Bachelor­arbeit unter Mit­wirkung von Philipp Thurau und Sophie Rode­huts­kors durch. Das Ergebnis: Die Wärme­über­tragung im extremen Nahfeld steigt gegen­über den erwarteten Werten noch einmal um den Faktor hundert an. Die Gruppe ist sich nun sicher, dass Mess­fehler ausge­schlossen werden können und es sich tatsäch­lich um einen physika­lisch bislang nicht erklär­baren Effekt handelt. „Das ist sicher­lich von weit­reichender Bedeu­tung, da das Ergebnis das bisherige Verständ­nis der Wärme­über­tragung im Nano­meter­bereich in Frage stellt“, so Kittel. Es lohne sich, genauere theore­tische Über­legungen anzu­stellen, um eine mögliche Erklärung zu finden. Die neuen Erkennt­nisse könnten es Forschenden zudem ermöglichen, die Tempe­ratur von Nano­systemen besser zu kontrol­lieren, etwa in Elek­tronik oder Optik. Dort kann es bei­spiels­weise nötig sein, Objekte berührungs­frei aufzu­heizen oder auch zu kühlen, etwa Spiegel in hoch­präzisen Laser­experi­menten. [U Oldenburg / dre]

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