Wärmestrahlung nach Maß
Normalerweise ist Wärmestrahlung ein Zufallsprodukt – doch lässt sich auch kontrollieren.
Bringt man ein Stück Metall zum Glühen, dann hängt seine Farbe bloß von seiner Temperatur ab. Das Material, die Geometrie, die Struktur seiner Oberfläche – all das spielt keine Rolle. Wenn jeder Punkt des Metallstabs dieselbe Temperatur hat, dann strahlt jeder Punkt genau das gleiche Farbspektrum ab. Es geht aber auch anders: Ein Forschungsteam um Stefan Rotter von der TU Wien befasst sich schon seit vielen Jahren mit der Frage, wie man mit neuartigen Methoden das Verhalten von Lichtwellen steuern und beeinflussen kann. Gemeinsam mit einem Team an der Uni Manchester konnten Rotter und seine Kollegen jetzt zeigen, wie sich mit bestimmten Tricks, die eng mit dem mathematischen Gebiet der Topologie zusammenhängen, Wärmestrahlung präzise kontrollieren lässt – und zwar so, dass diese nur noch an ganz bestimmten Stellen abgestrahlt wird, und nirgendwo sonst.
Viele Eigenschaften eines Materials – zum Beispiel, auf welche Weise es Licht absorbieren oder elektrischen Strom leiten kann – hängen von feinen Details ab: von winzigen Strukturen, vom Vorhandensein ganz bestimmter Atome. Oft können kleine Störungen oder Verunreinigungen schon dazu führen, dass sich eine Materialprobe völlig anders verhält als gedacht. „In der Praxis möchte man aber Materialeigenschaften haben, die möglichst stabil sind, und durch kleine Veränderungen nicht gleich kaputtgehen“, sagt Rotter. „Daher wurde in letzter Zeit ein besonderes Augenmerk auf topologische Eigenschaften von Materialien gerichtet.“ Denn bestimmte Materialeigenschaften können topologisch stabil sein: Wenn die Eigenschaft topologisch definiert werden kann, dann ist sie gegenüber Störungen stabil.
„Wie sich herausgestellt hat, kann man in bestimmten Fällen auch das Abstrahlverhalten von Objekten topologisch beschreiben“, sagt Rotter. „Das erlaubt die Entwicklung ganz spezieller Beschichtungen, mit denen man Wärmestrahlung steuern kann, wie es bisher nicht möglich war.“
Durch eine Kombination bestimmter Metallschichten entstehen topologische Effekte, die dazu führen, dass Wärmestrahlung nur an ganz bestimmten Stellen austreten kann, und an anderen nicht. „Man kann somit die Wärmestrahlung auf ganz beliebige Formen beschränken“, sagt Rotter. „Unsere Kollegen aus Manchester entschieden sich für eine Landkarte der britischen Inseln. Man erzeugt dazu eine mehrlagige Beschichtung. Dort, wo Land dargestellt werden soll, ist die Dicke der obersten Metallschicht anders als dort, wo das Meer sein soll. Diese spezielle Kombination sorgt nun dafür, dass Wärmestrahlung nur an der Grenze dazwischen ausgesandt werden kann – also entlang der Küstenlinie.“
Man bekommt also eine Oberfläche, die Wärmestrahlung erzeugt, aber nicht wie sonst an jedem Punkt gleich, sondern hochpräzise nur an jenen Punkten, die die Küstenlinie der britischen Inseln nachzeichnen. „Topologische Effekte haben schon in anderem Zusammenhang große Erfolge erzielt“, sagt Rotter. „Der neue Aspekt unserer Arbeit ist, diese Konzepte auf Wärmestrahlung anzuwenden. Das vorgestellte Experiment ist ein konzeptioneller Beweis dieser Techniken. Wir sind davon überzeugt, dass man damit noch eine ganze Reihe weiterer technisch höchst interessanter Effekte erzeugen kann.“
TU Wien / RK