04.07.2014

Cassini – seit zehn Jahren auf Kreuz­fahrt im Saturn-System

Verlängerte Mission dauert noch bis zur Sommer­sonnen­wende auf der Nord­halb­kugel des Ring­planeten, 2017.

Die filigrane Struktur der Saturnringe, Eisfontänen, die vom kleinen Saturnmond Enceladus ins All geschossen werden oder Meere und Flüsse aus Methan auf dem Saturnmond Titan: Der Saturnorbiter Cassini hat viele faszinierende Phänomene beobachtet und dabei außergewöhnliche Bilder und Messungen zur Erde gefunkt. Seit zehn Jahren befindet sich dieser „Dinosaurier“ unter den Raumsonden zur Erforschung der fernen Körper des Sonnensystems in einer Umlaufbahn um den Saturn. Deutsche Forscher sind bei dieser NASA-Mission zum zweitgrößten der acht Planeten von Anfang an dabei.

Abb.: Cassini-Huygens – Großprojekt zur Erforschung des Ringplaneten Saturn und seiner Monde (Bild: NASA-JPL)

„Der Saturn ist wie ein Sonnensystem im Kleinen“, erklärt Ralf Jaumann vom DLR-Institut für Planetenforschung. „Mit Cassini und der europäischen Tochtersonde Huygens, die auf dem Titan gelandet ist, haben wir fundamentale Einblicke in die Entwicklung unseres Sonnensystems bekommen.“

Anfang Juli 2004 erreichte das Sechs-Tonnen-Raumfahrzeug die Welt des Ringplaneten. Nach einem nahen Vorbeiflug am kleinen Mond Phoebe musste die Sonde in einem gewagten Manöver zunächst stark abgebremst werden, ehe sie in eine Umlaufbahn gelenkt werden konnte. Die Ingenieure der NASA nutzten hierzu auch die Anziehungskraft des riesigen Gasplaneten und steuerten die Sonde von Süden kommend durch eine der großen Lücken in den Ringen, um dann hinter der nördlichen Hemisphäre den Saturn ein erstes Mal zu umrunden. In einer ersten, langgestreckten Ellipse war Cassini nun im Schwerefeld des Planeten gefangen und ist seit dem 1. Juli 2004 der erste künstliche Satellit des Saturn.

Seither widmen sich die Wissenschaftler der Erkundung des Planeten, seiner Ringe und den über 50 Eismonden. Letztere stehen auch im Fokus der DLR-Planetenforscher in Berlin-Adlershof. Auf der Grundlage der hochaufgelösten Kamerabilder von Cassini kartieren sie die großen Eismonde Rhea, Dione, Iapetus, Tethys, Mimas, Enceladus und Phoebe. Die von den DLR-Kartographen erstellten Atlanten dieser Monde sind eine wichtige Grundlage für deren weitere Erforschung.

Lediglich Titan, der größte der Saturnmonde entzieht sich den Blicken der Cassini-Kamera: Mit einem Durchmesser von 5150 Kilometern ist er der zweitgrößte Mond im Sonnensystem. Seine dichte Atmosphäre aus Stickstoff und Kohlenwasserstoffen lässt keinen scharfen Blick auf seine Oberfläche zu. Allerdings gelingt es mit Radar und Infrarotspektrometer, Signale von der Oberfläche aufzufangen. Die europäische Weltraumorganisation ESA hat eigens zur Erforschung des Titan die Landesonde Huygens für die Mission entwickelt. Am 15. Januar 2005 schwebte sie an Fallschirmen durch diese fremdartige Atmosphäre und landete auf der minus 180 Grad kalten Eiskruste von Titan – ein Meilenstein in der Geschichte der unbemannten Raumfahrt.

Aus den eisigen Wolken des Titan regnet es Methan und Ethan. Diese Kohlenwasserstoffe werden bei Temperaturen von minus 182 Grad Celsius flüssig, also weit unter dem Schmelzpunkt von Wasser. Während des Landeanflugs entdeckte Huygens ein verästeltes Talsystem: Hinweis auf Niederschläge, die auf der Titanoberfläche abflossen und sich in Niederungen zu stehenden Gewässern sammelten. In den darauffolgenden Jahren entdeckten die Planetenforscher anhand von Reflexionen im infraroten Spektralbereich in der nördlichen Hemisphäre von Titan eine Oberfläche, die wie ein Spiegel wirkte: Es war der erste See auf einem anderen Körper des Sonnensystems, gefüllt mit gefrorenen Kohlenwasserstoffen – eine kleine wissenschaftliche Sensation. Die Wissenschaftler konnten auch Flusssysteme identifizieren, die auf der Oberfläche Talsysteme einschneiden und sich in Vertiefungen zu großen stehenden Gewässern sammeln. „Inzwischen ist klar, dass es, abhängig von der Jahreszeit, Methan und Ethan regnet, das als Flüssigkeit über die Oberfläche fließt und wieder verdampft“, erläutert Jaumann. „Titan hat einen Flüssigkeitskreislauf wie die Erde, der aber wegen der tiefen Temperaturen nur sehr langsam abläuft; dies gilt auch für die damit verbundenen chemischen Prozesse.“

Abb.: Dünne Strahlen mit Eispartikeln schießen von Enceladus’ Oberfläche und reichen bis zu 750 km ins Weltall. Quelle der Fontänen am Südpol des Eismonds sind etwa hundert Kilometer lange Spalten, die etwas wärmer sind als ihre Umgebung, die „Tiger-Streifen“. (Bild: NASA-JPL / SSI)

Eine der verblüffendsten Entdeckungen gelang jedoch an einem der kleineren Trabanten, die den Saturn umgeben: Aus dem nur 500 Kilometer großen Eismond Enceladus wird Wasser aus Hohlräumen unter der Eiskruste an die Oberfläche gepresst und in Fontänen ausgestoßen. Die Kräfte, die diesen Überdruck erzeugen, sind noch nicht restlos verstanden, denn Enceladus müsste aufgrund seiner geringen Größe eigentlich vollständig durchgefroren sein. Die Wasserpartikel gefrieren nach ihrem Austritt aus den mehrere hundert Kilometer langen Spalten am Südpol sofort und rieseln zum einen als kleine Eisflöckchen auf die Oberfläche von Enceladus nieder. Zum anderen verlassen sie das geringe Schwerefeld des Mondes und speisen den hauchdünnen E-Ring, der den Saturn weit außerhalb der Hauptringebene umgibt.

Die Existenz von Wasserreservoirs unter der Eiskruste von Enceladus reiht diesen kleinen Himmelskörper ein in die kurze Liste der Monde im Sonnensystem, auf denen Wasser unter einer Eiskruste vorhanden sein dürfte - neben Enceladus kann man sich das auch bei Titan sowie den Jupitermonden Ganymed und Europa und dem Zwergplaneten Ceres vorstellen. Jaumann erklärt: „Das macht diese Monde neben dem Planeten Mars, auf dem es zumindest früher einmal größere Mengen von Wasser gegeben hat, interessant hinsichtlich der Frage, ob es noch wo anders als auf der Erde im Sonnensystem zur Entwicklung von Lebensformen gekommen ist, zumindest in primitiver Form.“ Wie immer bei diesen faszinierenden Missionen stehen am Ende viele neue Erkenntnisse, aber zugleich tun sich auch eine ganze Menge neuer Fragen auf. „Diese Mission war und ist jedenfalls einmalig und wird es in dieser Dimension kaum ein zweites Mal geben“, so Jaumann.

Cassini soll das Saturn-System noch bis zur Sommersonnenwende auf dem Ringplaneten im September 2017 erforschen und sich dann gezielt in dessen Atmosphäre stürzen, um eine etwaige Kontamination der Monde zu verhindern. Ein ähnliches, wenn auch nicht ganz so großes Projekt bereitet gegenwärtig die ESA für das kommende Jahrzehnt vor: Die Erforschung der großen Jupitermonde mit der Sonde JUICE, dem Jupiter Icy Moon Explorer. Der Start ist für 2022 geplant, die Ankunft für 2030.

DLR / OD

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