Chirale Metaoberflächen verschlüsseln Geheimbotschaften
Unter Ausnutzung des Unterschieds zwischen einer Form und ihrem Spiegelbild haben EPFL-Forschende eine optische Metaoberfläche entwickelt, die Licht kontrolliert und sich für sichere Verschlüsselung, Sensorik und Datenverarbeitung einsetzen lässt.
Forschende des Labors für bionanophotonische Systeme der EPFL haben in Zusammenarbeit mit Wissenschaftlern aus Australien optische Metaoberflächen, geschaffen: 2D-Gitter, die aus winzigen Elementen bestehen und deren chirale Eigenschaften sich leicht einstellen lassen. Indem sie die Ausrichtung der Meta-Atome innerhalb eines Gitters variieren, können die Wissenschaftler die Wechselwirkung der resultierenden Metasurface mit polarisiertem Licht steuern.

Chiralität spielt eine grundlegende Rolle in der Biologie, Chemie und Materialwissenschaft. Die meisten DNA-Moleküle und Zucker sind rechtshändig, während die meisten Aminosäuren linkshändig sind. Die Umkehrung der Händigkeit eines Moleküls kann einen Nährstoff unbrauchbar oder ein Medikament inaktiv und sogar schädlich machen. Auch Licht kann links- oder rechtshändig sein. Ist ein Lichtstrahl zirkular polarisiert, propagiert sein elektrisches Feld entweder in einer links- oder rechtshändigen Spirale. Da chirale Strukturen mit diesen beiden Arten von verdrehten Lichtstrahlen unterschiedlich interagieren, lässt sich die Händigkeit einer Probe herausfinden indem sie mit zirkular polarisiertem Licht bestrahlt und verglichen wird, wie viel von jeder Verdrehung absorbiert, reflektiert oder verzögert wird. Dieser Effekt ist jedoch extrem schwach, was die präzise Kontrolle der Chiralität zu einer entscheidenden, aber schwierigen Aufgabe macht.
„Unser ‚chirales Design-Toolkit‘ ist elegant einfach und dennoch leistungsfähiger als frühere Ansätze, die versuchten, Licht durch sehr komplexe Meta-Atom-Geometrien zu steuern. Stattdessen nutzen wir das Zusammenspiel zwischen der Form des Metaatoms und der Symmetrie des Metasurface-Gitters“, erklärt Hatice Altug, Leiterin des Bionanophotonics Lab.
Die aus Germanium und Kalziumdiflorid hergestellte Metaoberfläche des Teams weist einen Gradienten von Meta-Atomen auf, deren Ausrichtung entlang eines Chips kontinuierlich variiert. Die Form und die Winkel dieser Meta-Atome sowie die Gittersymmetrie wirken zusammen, um die Reaktion der Metasurface auf polarisiertes Licht zu steuern.
In einem Proof-of-Concept-Experiment kodierten die Wissenschaftler zwei verschiedene Bilder gleichzeitig auf einer Metasurface, die für den unsichtbaren mittleren Infrarotbereich des elektromagnetischen Spektrums optimiert war. Für das erste Bild eines australischen Kakadus wurden die Bilddaten in der Größe der Meta-Atome – die Pixel darstellen – kodiert. Das zweite Bild wurde mit der Ausrichtung der Meta-Atome kodiert, sodass bei zirkular polarisiertem Licht ein Bild des Matterhorns erscheint.
„Wie dieses Experiment zeigt, ist unsere Technik in der Lage, ein für das menschliche Auge unsichtbares, doppelschichtiges ‚Wasserzeichen‘ zu erzeugen, was den Weg für fortschrittliche Anwendungen in den Bereichen Fälschungssicherheit, Tarnung und Sicherheit ebnet“, sagt Ivan Sinev, Forscher im Bionanophotonics Systems Lab.
Über die Verschlüsselung hinaus hat der Ansatz des Teams potenzielle Anwendungen für Quantentechnologien, von denen viele auf polarisiertes Licht zur Durchführung von Berechnungen angewiesen sind. Die Fähigkeit, chirale Reaktionen auf großen Oberflächen abzubilden, könnte auch die Biosensorik vereinfachen.
„Wir können chirale Metastrukturen wie die unsere nutzen, um beispielsweise die Zusammensetzung oder Reinheit von Medikamenten aus kleinvolumigen Proben zu ermitteln. Die Natur ist chiral, und die Fähigkeit, zwischen links- und rechtshändigen Molekülen zu unterscheiden, ist von entscheidender Bedeutung, da sie den Unterschied zwischen einem Medikament und einem Toxin ausmachen könnte“, ergänzt Felix Richter, ebenfalls Forscher im Bionanophotonic Systems Lab. [EPFL / dre]