31.01.2019

Curiosity blickt in die Tiefe

Zum Gravimeter umfunktionierter Beschleunigungssensor des Rovers weist auf poröse Gesteinsschichten hin.

Schon seit 2012 ist der NASA-Rover Curiosity im Krater Gale auf dem Mars unterwegs – und hat dabei das Wissen über den roten Planeten revo­lutioniert. Nach seiner Landung im der flachen Landschaft von Aeolis Palus hat der Rover bereits knapp zwanzig Kilometer zurückgelegt, ist über unter­schiedliche geologische Forma­tionen gefahren und hat den Fuß des Aeolis Mons erreicht – nach dem ameri­kanischen Geologen Robert Sharp informell auch „Mount Sharp” genannt.

Abb.: Selbstportrait von Curiosity am Fuß des Aeolis Mons. (Bild: NASA /...
Abb.: Selbstportrait von Curiosity am Fuß des Aeolis Mons. (Bild: NASA / JPL-Caltech / MSSS)

Während Curiosity mit seinen Instru­menten auf dieser Reise zahlreiche geo­logische Unter­suchungen gemacht hat, zählt jedoch der tiefere Blick in den Untergrund nicht zu seinen Stärken: Er hat kein Gravi­meter an Bord, mit dem sich Messungen der Boden­dichte machen ließen. Der Grund dafür könnte neben den üblichen Gewichts­problemen auch darin liegen, dass die Missions­dauer ursprüng­lich nur für zwei Jahre ausgelegt war. Die erstaun­liche Erfolgs­geschichte des Rovers, dessen Mission schon mehrfach verlängert wurde und die noch ein paar Jahre dauern könnte, war so auch schwer vorher­zusehen. Gravi­metrische Experi­mente sind schließlich besonders interes­sant, wenn sie über eine größere Strecke durchgeführt werden können.

Ein Team von Wissen­schaftlern um Kevin Lewis von der John Hopkins Univer­­sity in Baltimore hat nun allerdings eine pfiffige Methode gefunden, um zumindest rudi­mentäre gravi­metrische Messungen mit Hilfe eines zweck­entfremdeten Instru­ments durch­zuführen. Sie nutzten die Beschleunigungs­sensoren von Curiosity, deren Messdaten sie mit Hilfe geolo­gischer Modelle kali­brieren konnten. Dadurch konnten sie jetzt wichtige Indizien zur Entstehungs­geschichte des Gale-Kraters herausfinden, über dessen Bildung unter­schiedliche Thesen im Umlauf sind.

Gravi­metrische Messungen, die Aufschluss über die Dichte des Gesteins geben, finden auf der Erde sowohl großflächig per Satellit oder mit höherer Präzision auf der Erd­oberfläche statt. Bei anderen Himmels­körpern wird sie üblicher­weise aus dem Orbit durchgeführt. Allerdings hatte die Mondmission Apollo 17 auch ein Gravi­meter an Bord, mit dem die Astronauten etwa die Dicke basal­tischer Lava­ströme bestimmen konnten.

Die Beschleunigungs­sensoren von Curiosity dienen eigentlich ganz anderen Zwecken: Einer­seits lässt sich mit ihnen die Bewegung des Rovers während der Fahrt und bei der Betätigung seines Roboterarms über­wachen. Und anderer­seits dienen sie der exakten Kontrolle seiner Lage, wenn er stationär verharrt. Die Sensoren bestehen aus Drei-Achsen-Gyro­skopen und einem mikro­elektro­mechanischen System als Beschleunigungs­messer (kurz RIMU – Rover Inertial Measurement Unit). Die Beschleunigungs­sensoren messen mit einer Rate von 400 Hertz, wobei aller­dings über viele Messwerte gemittelt wird. Für die Gravi­metrie kamen nur diejenigen Messungen in Frage, bei denen der Rover still­stand und der Roboterarm nicht in Bewegung war – was meistens einmal pro Marstag möglich war.

Insgesamt konnten die Forscher rund 700 Daten­punkte aus dem Zeitraum der Marstage Nummer 60 bis 1743 der Mission auswerten. Dabei ist der Rover unter anderem langsam den Fuß des Aeolis Mons herauf­geklettert und hat rund 350 Höhen­meter zurück­gelegt. Mithilfe dieser Daten und anderer Faktoren – insbe­sondere der Temperatur – konnten die Forscher die RIMU-Werte kali­brieren, wobei sie eine ähnliche Genauig­keit erzielten wie seiner­zeit bei den gravi­metrischen Messungen von Apollo 17.

Abb.: Die Messungen des Beschleunigungs­sensors zeigen eine abneh­mende...
Abb.: Die Messungen des Beschleunigungs­sensors zeigen eine abneh­mende Schwer­kraft, während Curio­sity langsam den Fuß des Mount Sharp erklimmt. (Bild: K. Lewis)

Dabei zeigte sich eine über­raschend geringe Dichte des Gesteins unter den Rädern des Rovers. Die Sedimente im Gale-Krater haben eine Dichte von nur 1680 ± 180 Kilo­gramm pro Kubikmeter, was auf eine hohe Porösität dieser Gesteins­schichten hinweist. Curiosity hat mit seinem CheMin-Instrument (Chemistry and Minera­logy) per Röntgen­beugung poren­freie Mineralien untersucht, deren Dichte bei 2810 ± 133 Kilogramm pro Kubik­meter lag. Der Untergrund muss also zum großen Teil aus wenig kompak­tifiziertem Material bestehen – ein wichtiges Indiz dafür, dass der Gale-Krater nicht einst bis zum Rand mit Sediment gefüllt war.

Heute ragt der Aeolis Mons mit einer Höhe von über fünf Kilo­metern über dem Krater­boden ein Stück weit über den Krater­rand hinaus. Die Frage ist nun, wie dieser Berg entstanden ist. Eine These lautet, dass einge­schwemmtes Material den Krater einst ausgefüllt hat und dann stückweise weg­erodiert ist – wobei der Berg im Zentrum stehen geblieben ist. Dabei hätte sich angesichts der mehrere Kilometer dicken Bedeckung der Unter­grund stärker verdichtet. Es ist aber auch möglich, dass das Sediment einst sehr viel weniger dick war. Der Aeolis Mons wäre dann durch Windabla­gerungen im Laufe der Zeit auf seine jetzige Höhe gewachsen.

Auch wenn sich die Verdichtung der Gesteine im Krater nicht einfach messen lässt, so konnten die Forscher doch einige Erkennt­nisse aus den bisherigen Experi­menten von Curiosity gewinnen. Der Gesteins­bohrer hat zwar mittler­weile mit einigen technischen Problemen zu tun; aber anhand der bisherigen Bohr­proben lässt sich ablesen, dass die Härte des Sediment­gesteins ungefähr derjenigen von Lehm­ziegeln bis Beton entspricht. Zusammen mit Neutronen- und ther­mischen Messungen bestätigt das die gravi­metrischen Messungen.

Diese Erkennt­nisse sind auch für das Verständnis der geo­chemischen Entwicklung im Gale-Krater interessant: Wenn der Untergrund wenig kompak­tifiziert und entsprechend porös ist, konnte das Wasser in der feuchten Frühphase des Mars den Boden besser durch­dringen und umfang­reichere chemische Reaktionen bewirken.

Man darf gespannt sein, wie die Tour von Curiosity weiter­gehen wird. Das Ende der Reise könnte noch ein Stück weit in der Zukunft liegen. Falls alles gut geht und die Systeme durchhalten, wird jedoch spätestens das Abklingen der Radio­isotopen­batterie, die für eine Betriebsdauer von rund 14 Jahren ausgelegt ist, den Rover irgend­wann still­legen.

Dirk Eidemüller

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