31.03.2011

Das turbulente Treiben der „Massemonster“

Mit einer neuen Beobachtungsmethode könnte bald der direkte Nachweis Schwarzer Löcher gelingen.

Seit Jahrzehnten sind Schwarze Löcher aus der Astrophysik nicht mehr wegzudenken. Die Kerne von Galaxien – erst recht die aktiven – oder Mikroquasare sind ohne sie unerklärlich. Alleine in dieser Woche vermelden Forscher neue Details über die Exemplare in den Röntgenquellen Cygnus X-1 und XTE J1859+226. Aber wegen ihrer geringen Größe und Seltenheit sind sie von der Erde aus nicht zu beobachten. Noch nicht! Heino Falcke von der Radboud Universiteit Nijmegen stellt in seinem Artikel in der April-Ausgabe des Physik Journal eine Methode vor, wie sich künftig über ausgefeilte Messungen direkt die Rotation Schwarzer Löcher nachweisen lässt, und damit diese Objekte selbst.

Schwarze Löcher in einem Doppelsternsystem können Materie von ihrem Partner an sich ziehen, in einer Akkretionsscheibe sammeln und teilweise als gebündelte Materiestrahlen davon katapultieren. Die Emission eines solchen Systems verrät viel über die zugrunde liegenden physikalischen Prozesse. (Quelle: ESO, L. Calçada, M. Kornmesser)

 

Schon seit längerem kennen Physiker das Phänomen, dass Photonen auf ein absorbierendes Teilchen Drehimpuls übertragen, den sie zwangsläufig vorher selbst transportieren mussten. Im Rahmen einer quantenoptischen Informationsübertragung lassen sich auf diesem Wege theoretisch zusätzliche Daten in Lichtteilchen speichern. Aber treten Photonen mit Drehimpuls auch im Weltraum auf? In der Nähe Schwarzer Löcher wohl schon, denn diese zwingen die gesamte Raumzeit in ihrer Nähe zu rotieren, ein Effekt, der 1918 von Josef Lense und Hans Thirring vorhergesagt wurde. Neue numerische Simulationen haben jetzt gezeigt: Lichtquanten, die durch die verwirbelte Raumzeit laufen, nehmen dabei im Idealfall genug Drehimpuls auf, um ihn mit speziell ausgerüsteten Teleskopen im Infrarotbereich oder mit leistungsstarken Radioteleskopen messen zu können.

Entsprechende Experimente laufen bereits an einer der Außenstationen des europäischen Low Frequency Arrays LOFAR. Nach seiner Fertigstellung könnte diesem, oder auch seinem bereits geplanten Nachfolger auf der Südhalbkugel, dem Square Kilometre Array, der Nachweis auch auf eine andere Weise gelingen. Denn sollten die Radioteleskope einen Pulsar aufspüren, der sich in einer Umlaufbahn nahe des supermassereichen Schwarzen Loches im Zentrum der Milchstraße befindet, würde seine Bahn durch den Lense-Thirring-Effekt so verändert, dass sich dies als zeitlicher Versatz seiner ansonsten Atomuhr-genauen Pulse äußert.
Die Forscher sind jedenfalls zuversichtlich, mit einer der beiden Methoden in absehbarer Zeit nicht nur die Rotation Schwarzer Löcher zu messen, sondern damit erneut Vorhersagen von Albert Einsteins Relativitätstheorie zu bestätigen.

Oliver Dreissigacker


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