Das verräterische Flackern der Sterne
Neue Methode erlaubt genauere Bestimmung der Schwerkraft von Sternen und der Größe von Exoplaneten.
Die Schwerebeschleunigung an der Oberfläche zählt zu den grundlegenden, prinzipiell direkt messbaren Eigenschaften eines Sterns. Denn die Gravitation führt zu einer spektroskopisch nachweisbaren Verbreiterung der in der Sternatmosphäre entstehenden Absorptionslinien. Doch solche Messungen sind nur bei hellen Sternen möglich und selbst dort mit Unsicherheiten von 25 bis 50 Prozent behaftet.
Abb.: Von links, Granulation bei einem sonnenähnlichen Stern, einem Unterriesen und einem Riesenstern; zum Größenvergleich ist die Erde eingezeichnet. (Bild: R. Tramedach / JILA / CU Boulder)
Genauer ist eine indirekte Bestimmung über die Schwingungszustände eines Sterns. Hier liegt der Fehler bei nur zwei Prozent, doch asteroseismologische Untersuchungen sind nur bei wenigen hellen, relativ nahen Sternen möglich. Die meisten davon sind Riesensterne, eine repräsentative Untersuchung der Oberflächen-Schwerkraft aller Sterne ist nicht möglich.
Fabienne Bastien von der Vanderbilt University in Nashville und ihre Kollegen sind bei der Analyse der vom Kepler-Satelliten gelieferten Daten nun zufällig auf ein bislang unbekanntes Phänomen gestoßen: Sterne zeigen kleine, unregelmäßige Helligkeitsschwankungen, die mit der Schwerebeschleunigung an ihrer Oberfläche korrelieren. Die Variationen liegen im Bereich von Hunderttausendsteln der Strahlungsintensität auf Zeitskalen von weniger als acht Stunden. Das inzwischen defekte Kepler-Teleskop hat auf der Suche nach Exoplaneten vier Jahre lang extrem genaue Helligkeitsdaten von rund 150.000 Sternen gesammelt.
Die Astronomen vermuten, dass die Granulation der Sterne zu den Helligkeitsschwankungen führt. Granulen sind aus dem Sterninneren aufsteigende Zellen heißer Materie, die aufgrund ihrer höheren Temperatur heller leuchten als ihre Umgebung. Sterne mit einer starken Schwerkraft an der Oberfläche besitzen kleinere Granulen und flackern deshalb mit einer höheren Frequenz als Sterne mit geringerer Schwerkraft, bei denen die Granulen größer sind.
Bastien und ihre Kollegen haben das neue Verfahren mit einer Reihe von hellen, nahen Sternen geeicht, die sich in der von Kepler beobachteten Region am Himmel befinden. Bei diesen Objekten konnten sie die Schwerkraft asteroseismologisch mit hoher Genauigkeit messen. Ein Vergleich zeigte, dass der Fehler der Flacker-Methode kleiner als 25 Prozent ist, das Verfahren ist also besser als die spektroskopische Methode und lässt sich zudem bei vielen tausend Kepler-Sternen anwenden.
Kennt man die Schwerbeschleunigung an der Oberfläche eines Sterns, so benötigt man nur noch die Temperatur – die sich leicht spektroskopisch messen lässt – um die Masse, die Größe und andere wichtige physikalische Parameter eines Sterns zu berechnen. Und damit wiederum können die Astronomen dann auch die Größe der von Kepler entdeckten Planeten genauer als bisher ermitteln. Denn Kepler hat Exoplaneten mit der sogenannten Transit-Methode aufgespürt. Also über kleine Abschwächungen der Sternenhelligkeit durch – von der Erde aus gesehen – vor dem Stern vorüberziehende Planeten.
Die Stärke der Abschwächung hängt dabei vom Größenverhältnis zwischen Stern und Planet ab. Nur bei Kenntnis der Größe des Sterns können die Forscher also auch eine Aussage über die absolute Größe eines entdeckten Planeten machen. In Kombination mit der Masse des Planeten, die sich aus einer periodischen Bewegung des Sterns ableiten lässt, erhalten die Astronomen so schließlich die Planetendichte – eine wichtige Kenngröße, um etwas über die Beschaffenheit und den Aufbau eines Planeten aussagen zu können.
Rainer Kayser
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