11.10.2007

Daten speichern mit Magnetwirbeln?

Physiker aus Bonn, Berlin und Genf entdecken erstmals eine schon seit längerem postulierte neue Form der magnetischen Ordnung - die Ferrotoroidizität.

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Physiker aus Bonn, Berlin und Genf entdecken erstmals eine schon seit längerem postulierte neue Form der magnetischen Ordnung - die Ferrotoroidizität.

Bonn – Erst diese Woche erhielt Peter Grünberg vom Forschungszentrum Jülich den Nobelpreis für Physik für die Entdeckung des Riesenmagnetowiderstands, der zur magnetischen Datenspeicherung auf Festplatten genutzt wird. Nun präsentiert ein Team aus deutschen und schweizerischen Forschern einen weiteren Magneteffekt, der im Prinzip ebenfalls für die Datenspeicherung geeignet sein könnte. Ihre Messungen an rechts- und linksdrehenden Magnetwirbeln präsentieren sie in der Zeitschrift „Nature“.

„Wir haben in einer Substanz namens Lithiumkobaltphosphat nun tatsächlich derartige Wirbel gefunden und mithilfe eines laseroptischen Verfahrens ihre Richtung bestimmt“, sagt Manfred Fiebig von der Universität Bonn. Den Effekt, den die Bonner Forscher zusammen mit Kollegen der Universität Genf und vom Max-Born-Institut in Berlin entdeckt haben, vergleichen sie mit der Chiralität von Biomolekülen oder mit Schrauben, die Rechts- als auch Linksgewinde aufweisen können.

Im Detail fanden sie in dünnen Schichten aus Lithiumkobaltphosphat magnetisierte Atome, die sich kreisförmig anordneten. In diesem Ring können die vielen, winzigen Stabmagneten alle beispielsweise mit ihrem magnetischen Nordpol im oder gegen den Uhrzeigersinn ausgerichtet sein. Entsprechend sprechen die Physiker von rechts- oder linksdrehenden Magnetwirbeln. Diese so genannte Ferrotoroidizität wurde in Fachkreisen schon länger vermutet, konnte aber nun zum ersten Mal beobachtet werden.

Für den Nachweis der Magnetwirbel, also der ferrotoroidischen Domänen im Material, nutzen die Physiker eine Anregung der auf 10 Kelvin tiefgekühlten Materialoberflächen mit einem Laser. „Nur in ferrotoroidischen Materialien ist es möglich, eine Magnetisierung über ein elektrisches Feld zu induzieren und eine Polarisation über ein Magnetfeld“, erklären die Forscher in ihrer Veröffentlichung. Und genau diesen Zusammenhang nutzen sie. Ein elektromagnetisches Lichtfeld (E-Feld) wirkt auf die kristalline Oberfläche und die dort vorliegenden Magnetwirbel ein. Dabei wird eine Polarisation induziert, die die doppelte Frequenz des einfallenden E-Feldes aufweist. Diese wirkt als Quelle für die Aussendung einer Lichtwelle ebenfalls mit verdoppelter Frequenz, also einer optischen zweiten Harmonischen mit 2,197 Elektronenvolt, die mit einem Photodetektor nachgewiesen werden kann. Die ferrotoroidischen Domänen können dabei mit einer Mikrometer-Auflösung von antiferromagnetischen Bereichen unterschieden werden.

Bis zu einer Festplatte, die digitale Daten über die zwei möglichen Ausrichtungen solcher Magnetwirbel speichert, könnte es aber noch sehr lange dauern. Denn bisher kann das Team um Fiebig diesen Magneteffekt nur beobachten und noch nicht von außen beeinflussen. Aber im Unterschied zu heutigen Festplatten wären dazu keine äußeren Magnetfelder mehr nötig. Denn der Drehsinn der Magnetwirbel lässt sich durch elektrische Felder verändern. „Auch zum Auslesen benötigt man keine Magnetfelder, die die gespeicherten Daten irrtümlich überschreiben könnten, sagt Fiebig. Er hebt einen weiteren Vorteil heraus: Zur Erzeugung elektrischer Felder müsse kein Strom fließen. Die Speicherung könnte im Prinzip wesentlich schneller erfolgen als bei heutigen Festplatten. Dennoch konzentriert er seine weitere Arbeit auf die Grundlagen dieses Phänomens. „Wenn daraus irgendwann eine technologische Anwendung entsteht, ist das natürlich umso schöner“, so Fiebig.

Jan Oliver Löfken

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