Der Himmel im Wasserstoff-Licht
Radioteleskope vermessen Verteilung des neutralen Wasserstoffs am Nord- und Südhimmel.
Atomarer Wasserstoff ist das häufigste Element im Universum. Zusätzlich zu den bekannten Spektrallinien des Wasserstoffs in optischen Wellenlängen existiert eine schwache Linienstrahlung des Wasserstoffs im Radiobereich, die 21cm-Linie. Die dort abgestrahlte Energie ist gering, aber durch die riesige Menge von Wasserstoff im Universum lässt sich die 21cm-Linie in fast allen kosmischen Bereichen nachweisen, sogar weit außerhalb von Galaxien. Im Jahr 1951 gelang es drei Forschergruppen unabhängig voneinander zum ersten Mal, 21cm-Linienstrahlung von HI nachzuweisen. Heute, 65 Jahre später, veröffentlicht die internationale Kollaboration HI4PI einen Spektralatlas des gesamten Himmels im Licht der 21cm-Linie des neutralen Wasserstoffs. HI4PI steht für „neutraler Wasserstoff (HI) am gesamten Himmel (4 Pi Steradian)“.
Abb.: Der gesamte Himmel im Licht des neutralen Wasserstoffs, aufgenommen mit dem Parkes- und dem Effelsberg-
Mit modernen Radioteleskopen ist es zwar einfach, HI in jeder Richtung am Himmel nachzuweisen. Eine Kartierung des gesamten Himmels ist aber nach wie vor zeitintensiv und aufwändig. Die komplette Kartierung erforderte mehr als eine Million individueller Beobachtungen mit zwei der größten Radioteleskope der Erde, dem 100m-Radioteleskop in Effelsberg bei Bonn und dem Parkes-
Die neuen Beobachtungen wurden nur dadurch möglich, dass die technische Ausstattung der Radioteleskope im Lauf des letzten Jahrzehnts enorm verbessert wurde. Zum einen haben neue Multipixel-
Da der neutrale Wasserstoff überall im Universum vorkommt, wird HI4PI eine wichtige Referenzquelle für Forscher in vielen Bereichen der Astronomie darstellen, um sie mit Beobachtungsdaten in allen möglichen Wellenlängen zu vergleichen. Beispielsweise werden Röntgen- und Gammaphotonen zum Teil absorbiert, gestreut oder in andere Wellenlängen re-emittiert, wenn sie das Wasserstoffgas in unserer Milchstraße durchdringen. Die Verteilung von HI in der Milchstraße hat also maßgeblichen Einfluss auf die Analyse von Beobachtungen im Hochenergiebereich von Röntgen- und Gammastrahlen. Mit den HI4PI-
„HI4PI setzt Maßstäbe für die kommenden Dekaden“, schließt Jürgen Kerp von der Uni Bonn, Projektkoordinator und leitender Wissenschaftler von HI4PI. „Auch wenn zukünftige Teleskope wie das Square Kilometre Array sowohl die Empfindlichkeit als auch die Winkelauflösung von Radiobeobachtungen in ganz neue Bereiche bringen werden, so sind solche Interferometer bauartbedingt leider unempfindlich für die ausgedehnte diffuse Komponente des Wasserstoffgases. HI4PI wird auch hier eine erstklassige Quelle darstellen, um die SKA-Daten mit den fehlenden Informationen zu vervollständigen.“
MPIfR / RK