16.02.2012

„Die Gleichgewichtskontroverse“

MPI für Wissenschaftsgeschichte veroffentlicht Forschungsergebnisse zur Historie physikalischer Grundbegriffe.

Forscher des Max-Planck-Instituts fur Wissenschaftsgeschichte in Berlin (MPIWG) gehen in einem mehrjahrigen Projekt der Langzeitentwicklung mechanischen Wissens nach. Direktor Jurgen Renn hat gemeinsam mit Peter Damerow die Kontroverse zwischen zwei zentralen Wissenschaftler-Ingenieuren der Renaissance untersucht, die eine neue Perspektive auf die Frage erlaubt, wie die historische Entwicklung der Physik mit einem Begriffswandel einhergeht und wie physikalische Grundbegriffe wie Kraft, Gewicht oder Schwerpunkt sich zu Beginn der fruhen Neuzeit gewandelt haben.

Abb.: Das Buch „The Equilibrium Controversy“ erschien in der Edition Open Access. (Bild: EOA unter cc by-nc-sa 3.0)

Ausgangspunkt fur diese wissenshistorische Forschung waren zwei Bucher zur Gleichgewichtskontroverse, in denen sich handschriftliche Anmerkungen von Guidobaldo del Monte befinden, eines von Giovanni Battista Benedetti und eines von Jordanus de Nemore. Die Wissenschaftshistoriker Renn und Damerow haben diese Anmerkungen entschlusselt und prasentieren sie nun in einer Open-Access Publikation.

Die Gleichgewichtskontroverse beschaftigte sich mit der Frage, ob eine einmal ausgelenkte Waage wieder in ihren Gleichgewichtszustand zuruckkehrt. Diese scheinbar triviale Überlegung hat seit der griechischen Antike Philosophen und Wissenschaftler zum Nachdenken angeregt. Nach nahezu zwei Jahrtausenden wurde sie schließlich im 16. Jahrhundert zum zentralen Gegenstand der Werke von Wissenschaftlern wie Guidobaldo del Monte und Giovanni Battista Benedetti. Als Ergebnis einer langfristigen Wissensentwicklung kristallisierte sich schließlich eine zentrale Einsicht mechanischen Wissens heraus – das Verstandnis der lagebedingten Wirkung eines Gewichts oder einer Kraft. Moderne Begriffe wie ‚Drehmoment’ oder ‚potentielle Energie’ haben ihren Ursprung in dieser Entwicklung, die bis in die Antike zuruckreicht und ihren Hohepunkt in der Gleichgewichtskontroverse der Renaissance fand.

Diese Frage besaß eine grundsatzliche Bedeutung fur den Fortschritt der Physik, argumentieren Renn und Damerow argumentieren. Aus der Sicht einer historischen Epistemologie wissenschaftlichen Wissens spielen einfache physikalische Probleme, wie sie im Rahmen der Gleichgewichtskontroverse aufgetreten sind, eine Schlusselrolle fur diesen begrifflichen Wandel. Daruber hinaus war diese Veranderung kein linearer und isolierter Prozess. Vielmehr begleiteten ihn umfassende Neustrukturierungen ganzer Wissenssysteme.

MPIWG / OD

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