19.08.2014

Doppelt aufgenommen sieht besser

Kombination aus STED-Mikroskopie und Sekundärionenmassenspektrometrie liefert neue Einblicke in Zellvorgänge.

Neurowissenschaften und Meeresforschung sind zwei wissenschaftliche Disziplinen, die auf den ersten Blick nicht viel gemein haben. Doch gerade im Kleinen – auf der Ebene einzelner Zellen – gibt es gemeinsame Ziele. So besteht in beiden Forschungsbereichen ein großes Interesse an innovativen Mikroskopie-Methoden, die vor allem die Strukturen und den inneren Aufbau von Zellen noch besser auflösen.

Abb.: SIMS-Abbildung eines mit N-14 markierten Axons (Bild: K. Sinem et al.)

Silvio O. Rizzoli vom European Neuroscience Institute in Göttingen hatte deshalb die Idee, in Zusammenarbeit mit Angela Vogts vom IOW eine neue, noch leistungsfähigere Untersuchungsmethode zu entwickeln, indem sie zwei Spitzentechnologien kombinieren: die STED-Mikroskopie der Göttinger und die Sekundärionenmassenspektrometrie (SIMS) aus Warnemünde. Die neue Methode liefert einzigartige, noch genauere Einblicke in die Vorgänge im Inneren von Zellen.

Bei der STED-Mikroskopie (stimulated emission depletion) wird das von der zu untersuchenden Probe emittierte Licht durch einen ringförmigen Laser am Rand ausgeblendet, so dass der Bereich von Interesse wie durch ein Schlüsselloch betrachtet wird. Dies ermöglicht es, die physikalischen Grenzen der normalen Lichtmikrokopie zu durchbrechen. Es lassen sich damit zum Beispiel Teile von Gehirnzellen betrachten, die 1000 Mal kleiner sind als der Durchmesser eines Haares. Silvio O. Rizzoli ist in Göttingen Leiter der Arbeitsgruppe STED-Mikroskopie synaptischer Funktionen. Seine Arbeitsgruppe nutzt die hohe laterale Auflösung der STED-Mikroskopie, um die Funktionsweise synaptischer Vesikel zu beleuchten. Diese Organellen dienen im Gehirn als Speicher für Neurotransmitter, also chemischer Verbindungen, die zur Signalübermittlung dienen.

Das IOW brachte seine Expertise aus dem NanoSIMS-Labor in das Projekt ein: Seit Ende 2011 steht im IOW ein Schwergewicht der Analytik – das CAMECA NanoSIMS 50L, eines von nur vier vergleichbaren Hochleistungsmessgeräten in Deutschland und das einzige im Ostseeraum. Im Namen – „SIMS“ steht für Sekundärionenmassenspektrometer – versteckt sich das Funktionsprinzip der Anlage. Die zu untersuchende Probe wird dabei kontinuierlich mit einem fokussierten Strahl aus sogenannten Primärionen beschossen. Dieses Miniaturbombardement löst Atome und Moleküle aus der Oberfläche der Probe, die zum Teil geladen sind. Ein Massenspektrometer identifiziert dann diese Sekundärionen. Auf diese Weise lassen sich im NanoSIMS-Labor unter Leitung von Angela Vogts die genaue stoffliche Zusammensetzung einzelner Zellen – beispielsweise von im Meer lebenden Bakterien – analysieren und Markierungsexperimente durchführen. Denn sobald ein Mikroorganismus eine isotopenmarkierte Substanz aufgenommen hat, können die IOW-WissenschaftlerInnen dank NanoSIMS die Stoffwechselwege genau verfolgen, wie und in was die Zelle die betreffende Substanz weiterverarbeitet.

Wendet man beide Techniken bei gleicher räumlicher Auflösung auf die gleiche Probe an, eröffnen sich völlig neue, noch genauere Einblicke in das Innere von Zellen – ganz gleich ob Hirnzelle oder marines Bakterium. Mit den optischen Informationen aus der STED-Mikroskopie und den zusätzlichen Informationen über die elementare und isotopische Zusammensetzung aus dem NanoSIMS lassen sich einzelne Zellbereiche noch genauer unter die Lupe nehmen. So ist es mit der neuen Methode im Gegensatz zur konventionellen Mikroskopie nun möglich, die genaue Struktur und Organisation innerhalb einer Zelle sichtbar zu machen. Beispielsweise konnten die Wissenschaftler zeigen, dass die neue Methode nun neun klar unterscheidbare aktive Bereiche – Zellregionen, in denen gerade neue Strukturen aufgebaut werden – unterscheidet, während die herkömmliche Technik nur zwei unscharfe Flecken zeigt. Dies eröffnet die Möglichkeit, Informationen über Stoffumsätze in kleinsten Zellbereichen zu untersuchen, um Abläufe besser zu verstehen. Ein solches Wissen ist wertvoll für die Erforschung von Mechanismen im Gehirn, aber auch von Stoffwechselwegen in Mikroorganismen der Ostsee.

IOW / DE

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