Dünne Atmosphäre vor drei Milliarden Jahren
Paläobarometer: In Lavagestein eingeschlossene Blasen deuten auf überraschend niedrigen Luftdruck in der frühen Erdatmosphäre hin.
Vor gut drei Milliarden Jahren gab es keinen Sauerstoff in der Erdatmosphäre, nur Einzeller konnten existieren. Zudem rotierte der Planet deutlich schneller als heute, die Sonneneinstrahlung war um ein Fünftel schwächer und der näher stehende Mond verursachte höhere Tiden. Zudem war der Luftdruck höchstens halb so hoch wie heute. Zu diesem Ergebnis kommt nun eine Gruppe australischer und amerikanischer Geowissenschaftler, die fossile Gaseinschlüsse in Lavagestein analysiert haben. Mit dieser Entdeckung widersprechen sie der bisherigen Annahme einer dichteren Atmosphäre in dieser frühen Epoche der Erdgeschichte.
Abb.: In diesen Lavaströmen in Australien befinden sich eingeschlossene Gasblasen, die Aufschluss auf die Erdatmosphäre vor fast drei Milliarden Jahren geben. (Bild: S. M. Som, BMSIS)
Um den Luftdruck in der Frühgeschichte der Erde bestimmten zu können, nutzten Sanjoy Som vom Blue Marble Space Institute of Science in Seattle und seine australischen Kollegen Gesteinsproben von Lavaströmen. Diese erstarrten in Westaustralien vor 2,7 Milliarden Jahren im vulkanischen Gebiet Pilbara Craton, als die flüssige Lava ins Meerwasser floss. Dabei entstanden winzige Blasen, die sich im Laufe der Jahrmillionen mit Mineralen wie Quartz oder Kalzit füllten. Doch Größe und Struktur der Blasen blieben dabei erhalten und lieferten Hinweise auf die damalige Atmosphäre.
Für diese Methode er Paläobarometrie sind nur Lavaströme geeignet, die bis zum heutigen Tage von keinen weiteren Ausbrüchen beeeinflusst wurden. Diese Bedingungen erfüllten die Proben, die Som und Kollegen gefunden hatten. Mit einem Röntgentomographen durchleuchteten sie die Proben und konnten die Größe der fossilen Gaseinschlüsse bestimmen. Am oberen Rand des Lavastroms wurde die Blasengröße allein durch den damals herrschenden Luftdruck bestimmt. Die Blasen am unteren Rand dagegen fielen wegen des Eigengewichts des flüssigen Gesteins geringer aus. Aus der Differenz konnten die Geowissenschaftler absolute Luftdruckwerte für die Erdatmosphäre vor 2,7 Milliarden Jahren bestimmen.
Abb.: Erstarrter Lavastrom (Bild: S. M. Som, BMSIS)
Die Messungen ergaben einen Luftdruck von etwa 230 Millibar, der damit sehr viel schwächer ausgeprägt war als heute. Kombiniert mit früheren Luftdruckstudien konnten Som und Kollegen die Obergrenze für den maximalen Luftdruck auf etwa 500 Millibar festlegen. Damit widersprechen ihre Messungen anderen Theorien, die von einem deutlich höheren Luftdruck als heute ausgingen. So wurden Luftdrücke von 1,6 bis 2,4 bar vorgeschlagen, um ohne nennenswerte Kohlendioxid-
Wegen des geringen Luftdrucks müssen Forscher nun aber andere Erklärungen heranziehen. So könnte eine höhere Methankonzentration als bisher angenommen in der Atmosphäre vorgelegen haben. Genau dies vermuten die Geowissenschaftler und werden nach weiteren Indizien für ihre Annahme suchen.
Diese Einblicke in die frühe Atmosphäre sind nicht nur für die Erforschung der Erdgeschichte interessant. Auch für die Beurteilung von Exoplanenten und die Chancen auf Leben spielen sie eine Rolle. „Die frühe Erde ist mit der Erde heute nicht zu vergleichen, sondern eher mit einem Exoplaneten“, sagt Som. „Aber diese Analysen der frühen Erde geben uns eine neue Perspektive für planetare Umweltbedingungen, die auch Leben ermöglichten.“
Jan Oliver Löfken
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