14.01.2016

Dynamische Interaktion von mehreren Proteinen

Fluoreszenzbasierten Einzelmolekül-Methoden liefern Ein­blicke in komplexe bio­logische Maschinen.

In lebenden Organismen arbeiten viele Proteine Hand in Hand, um die viel­schich­tigen zellu­lären Auf­gaben zu erfüllen. Die Wechsel­wirkung von zwei Proteinen ist relativ gut erforscht, auch wenn die Inter­aktion dynamisch ist, es sich also um vorüber­gehende und möglicher­weise sehr schnell ablaufende Vorgänge handelt. Bei den meisten zellu­lären Prozessen inter­agieren aber drei oder mehr Proteine dynamisch. Forscher, die diese Vorgänge erfassen wollen, kommen mit Standard­methoden schnell an ihre Grenzen. Thorsten Hugel und sein Team an der Uni Freiburg will nun mit neuen fluoreszenz­basierten Einzel­molekül-Methoden die dynamische Inter­aktion von mehreren Proteinen am Beispiel des Hitze­schock­proteins Hsp90 genauer unter­suchen. Für die nächsten fünf Jahre erhält der Physiko­chemiker für sein Projekt „Multi-protein inter­action kinetics by single molecule methods“, kurz PROSINT, eine Förderung des Euro­pä­ischen Forschungs­rates in Höhe von knapp 1,9 Millionen Euro.

Abb.: Thorsten Hugel (Bild: T. Kunz).

Das Hitzeschockprotein Hsp90 kommt in mensch­lichen Zellen häufig vor, es ist von zentraler Bedeutung, da es viele grund­legende Prozesse ent­scheidend steuert. Unter anderem ist es maß­geb­lich daran beteiligt, dass einfache Amino­säure-Ketten zu funktio­nierenden Proteinen mit einer genau definierten Struktur gefaltet werden. Wie viele andere Proteine macht Hsp90 dies nicht alleine, sondern in direkter Zusammen­arbeit mit zahl­reichen weiteren Proteinen. Außer­dem verwendet Hsp90, eben­falls wie viele andere Proteine, Energie aus der Spaltung von ATP, dem wichtigsten Energie­träger in mensch­lichen Zellen. Wie diese Energie im Hsp90-Multi-Protein-System genutzt wird, ist weit­gehend unbe­kannt.

Bekannt ist, dass Hsp90 nicht in einem energetischen Gleich­gewicht arbeitet. Die Unter­suchung solcher Nicht-Gleich­gewichts­systeme steckt noch in den Kinder­schuhen, obwohl erst durch sie Leben über­haupt möglich ist – Gleich­gewicht ent­spricht dem Zustand gering­ster Energie beziehungs­weise dem Tod. Im Projekt PROSINT entwickeln Hugel und seine Mitarbeiter neue Einzel­molekül-Methoden und Daten­analysen, um die physi­kalisch-chemischen Vorgänge und die Struktur von Multi-Protein-Systemen außer­halb des Gleich­gewichts detail­liert zu unter­suchen.

Abb.: Einzelmolekül-Methode zur Untersuchung des Hitzeschockproteins Hsp90. (Bild: U. Freiburg)

Ziel des Vorhabens ist ein besseres Verständnis dafür, wie die Energie aus der ATP-Spaltung zur Faltung von Proteinen, zur Ansammlung von Proteinen oder zur Zerlegung von Proteinaggregaten genutzt wird. Zudem könnten die Forscher lernen, wie es möglich ist, dass ein System aus vielen Proteinen mehr als die Summe seiner Einzelteile ist. Schließlich sind die Experimente auch für die Pharmaforschung wichtig, da Hsp90 als vielversprechendes Zielprotein für Krebstherapien gilt.

ALU / RK

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