14.07.2015

Ein Molekül-Transistor für die Quantenwelt

Steuerspannung lässt sich mit atomarer Präzision kontrollieren.

Er misst nur eineinhalb Nanometer und hat quantenmechanische Eigen­schaften: Einem internationalen Forscherteam unter Leitung des Paul-Drude-Instituts für Festkörperelektronik in Berlin ist es gelungen, einen Transistor aus einem einzigen Molekül zu bauen. Damit können die Forscher grund­legende physikalische Erkenntnisse gewinnen, die für weitere Schritte zur Elektronik in der Quantenwelt dienen.

Abb.: Einzelnes Phthalozyanin-Molekül, das auf einer Indium-Arsenid-Oberfläche angelagert und von zwölf Indium-Atomen umgeben ist. Die Atome sind elektrisch geladen und wirken so als Steuerelektrode des Einzelmolekültransistors. (Bild: PDI)

Transistoren als grundlegende Bauelemente für die Mikroelektronik werden immer kleiner. Eine Transistorfunktion auf der Größenskala von einigen zehn bis hundert Nanometern erhält man durch einen Quantenpunkt. Er besteht aus hunderten bis tausenden Atomen, die in Form eines winzigen Halbleiter-Kristalls auf einem geeigneten Substrat abgeschieden werden. Bei einem solchen Transistor können die Elektronen nur noch diskrete Energieniveaus annehmen. Stromfluss kommt dann zum Beispiel dadurch zustande, dass ein einzelnes Elektron von der Source-Elektrode zum Halbleiter-Quantenpunkt springt, und von dort weiter zur Drain-Elektrode. Mit einer zusätzlichen Gate-Elektrode kann man das Niveau verschieben und beeinflusst damit die Wahrscheinlichkeit, dass Elektronen durch den Halbleiter hindurchkommen und somit die Stromrate. In diesen Dimensionen der Quantenphysik besitzen die Elektronen sowohl Teilchen- als auch Welleneigenschaften.

Allerdings sind herkömmliche Quantenpunkte nicht absolut identisch, da sie durch das Abscheiden der Atome auf einem Substrat mit den Unwägbarkeiten eines statistischen Wachstumsprozesses behaftet sind. Das Forscherteam wollte ein kleines System aufbauen, von dem ganz genau bekannt ist, wie es aussieht. Ihre Idee: ein organisches Molekül als Quantenpunkt verwenden. Es ist chemisch genau definiert und besitzt immer diskrete Zustände in Analogie zum Quantenpunkt. Das Knifflige an der Sache ist, die Kontakte und die Steuer­elektrode an ein 1,3 Nanometer großes Molekül anzubringen.

Stefan Fölsch vom Paul-Drude-Institut und seinen Kollegen ist es nun gelungen, einen Molekül-Transistor mit atomarer Präzision aufzubauen. Auf der Oberfläche eines Indium-Arsenid-Kristalls haben die Forscher ein organisches Phthalocyanin-Molekül abgeschieden. Mit der Spitze eines Rastertunnelmikroskops positionierten sie anschließend einzelne positiv geladene Indium-Atome um das Molekül herum auf die Kristalloberfläche. Und schon war der Mini-Transistor fertig: Als Elektroden fungieren zum einen die Kristalloberfläche, zum anderen die STM-Spitze. Durch das Verschieben der Indium-Atome lässt sich die Steuerspannung regeln „Wir wissen ganz genau, wie die Kontakte und die Gate-Elektrode angelagert sind, und wir können mit atomarer Präzision die Steuerspannung kontrollieren“, sagt Fölsch. Und das Team hat auch gleich ein neues Phänomen beobachtet, das beim Halbleiter-Quantenpunkt nicht auftritt: Das Molekül sitzt, anders als die Atome eines Quantenpunktes, nicht fest auf der Oberfläche, sondern es kann sich drehen. Der Ladungszustand und die Rotation beeinflussen sich gegenseitig, was zu einer neuartigen Strom-Spannungs-Charakteristik des Transistors führt.

Eine Bauanleitung für einen Molekültransistor zur Herstellung eines elektronischen Bauelements liefern die Forscher damit noch nicht. Erst einmal geht es darum, die grundlegenden physikalischen Prozesse zu verstehen, die eine Quantenelektronik basierend auf einzelnen Molekülen überhaupt erst ermöglichen.

FVB / RK

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