05.09.2017

Ein schwarzes Loch mittlerer Masse im Herzen der Milchstraße?

Es verbirgt sich in einer Molekülwolke und enthält 10.000 Sonnen­massen.

Sowohl elliptische als auch Spiralgalaxien beherbergen in ihren Zentren schwarze Löcher mit der millionen- oder gar milliarden­fachen Masse unserer Sonne. Solche super­masse­reichen schwarzen Löcher lassen sich bereits im jungen Kosmos, einige hundert Millionen Jahre nach dem Urknall, nach­weisen. Wie aber konnten derart masse­reiche Objekte in so kurzer Zeit ent­stehen? Eine befrie­digende Antwort auf diese Frage konnten die Astro­nomen bislang nicht finden.

Abb.: Mit dem Atacama Large Millimeter/Submilli­meter Array konnten die Forscher einen Blick in das Innere der selt­samen Molekül­wolke werfen. Das Kreuz markiert die neu ent­deckte punkt­förmige Strah­lungs­quelle - mög­licher­weise ein schwarzes Loch mitt­lerer Masse. (Bild: T. Oka et al. / NPG)

Das heute favorisierte Szenario geht von stellaren schwarzen Löchern in kompakten Stern­haufen aus, die in einer Art Ketten­reaktion in relativ kurzer Zeit zu immer größeren schwarzen Löchern mit der mehr­tausend­fachen Masse der Sonne ver­schmelzen. Diese schwarzen Löcher mitt­lerer Masse ver­schmelzen dann im nächsten Schritt in den dichten Zentren der Galaxien zu super­masse­reichen schwarzen Löchern. Doch das Szenario hat ein Problem: Zwar haben Astro­nomen eine Reihe von Strah­lungs­quellen gefunden, die als Kandi­daten für schwarze Löcher mitt­lerer Masse infrage kommen – ein defini­tiver Beweis für die Exis­tenz der Mittel­gewichte steht jedoch bislang aus.

Tomoharu Oka von der Keio Universität im japanischen Yokohama und seine Kollegen sind einem solchen Beweis jetzt einen großen Schritt näher gekommen. Bei Beob­ach­tungen mit dem Atacama Large Milli­meter/Submilli­meter Array, einer aus 66 Antennen beste­henden Radio­tele­skop-Anlage in Chile, stießen die Forscher sechzig Licht­jahre vom galak­tischen Zentrum ent­fernt auf eine Wolke aus moleku­larem Gas, in der sich das Gas mit unge­wöhn­lich hoher Geschwin­dig­keit von hundert Kilo­metern pro Sekunde bewegt. Computer­simula­tionen des Teams zeigen, dass sich die kine­ma­tische Struktur der Wolke am besten mit der Anzie­hungs­kraft eines schwarzen Lochs mit der 10.000-fachen Sonnen­masse im Inneren der Wolke erklären lässt.

Mithilfe weiterer ALMA-Beobachtungen konnten Oka und seine Kollegen diesen Verdacht jetzt mit einem weiteren Beweis­stück unter­mauern: Die Astro­nomen identi­fi­zierten eine punkt­förmige Strah­lungs­quelle nahe dem Zentrum der Molekül­wolke. „Diese punkt­förmige Kontinuums­quelle zeigt ein breites Spektrum, das dem Spektrum des super­masse­reichen schwarzen Lochs im galak­tischen Zentrum ähnelt – ledig­lich mit einem Fünf­hundert­stel der Leucht­kraft“, schreiben die Forscher. Damit sei die punkt­förmige Quelle „der bis­lang viel­ver­sprechend­ste Kandidat für eine schwarzes Loch mitt­lerer Masse.“ Weitere Beob­ach­tungen, wie beispiels­weise eine Über­wachung der Strah­lungs­inten­sität in ver­schie­denen Wellen­längen­bereichen, könnte den Verdacht in den kommen­den Jahren erhärten und viel­leicht schon bald zum lange ersehnten defini­tiven Nach­weis eines schwarzen Lochs mitt­lerer Masse führen.

Rainer Kayser

RK

ContentAd

Kleinste auf dem Markt erhältliche Hochleistungs-Turbopumpe
ANZEIGE

Kleinste auf dem Markt erhältliche Hochleistungs-Turbopumpe

Die HiPace 10 Neo ist ein effizienter, kompakter Allrounder für den Prüfalltag, der geräuscharm und besonders energieeffizient ist.

Weiterbildung

Weiterbildungen im Bereich Quantentechnologie
TUM INSTITUTE FOR LIFELONG LEARNING

Weiterbildungen im Bereich Quantentechnologie

Vom eintägigen Überblickskurs bis hin zum Deep Dive in die Technologie: für Fach- & Führungskräfte unterschiedlichster Branchen.

Meist gelesen

Themen