09.12.2011

Ein Teleskop, dreißigmal größer als die Erde

Nachweis der ersten interferometrischen Signale zwischen dem 100-Meter-Radioteleskop Effelsberg und dem Weltraumteleskop Spektr-R.

Am 15. November 2011 hat das 100-Meter-Radioteleskop Effelsberg des Max-Planck-Instituts für Radioastronomie, zusammen mit drei russischen und einem ukrainischen Teleskop, die ersten interferometrischen Messungen mit dem 10-Meter-Weltraumteleskop Spektr-R des russischen Radioastron-Projekts erfolgreich durchgeführt. Beobachtungen des leuchtkräftigen und sehr kompakten Quasars 0212+735 in mehreren Milliarden Lichtjahren Entfernung erfolgten bei einer Wellenlänge von 18 Zentimetern. Der erstmalige Nachweis von interferometrischen Signalen zwischen dem Weltraumteleskop Spektr-R und den bodengebundenen Radioteleskopen durch die Forscher markiert einen Rekord für die Größe eines zusammengesetzten Radioteleskops oder Interferometers.

Abb.: Künstlerische Darstellung von Spektr-R, dem 10-Meter-Weltraumradioteleskop des RadioAstron-Projekts. (Bild: Lavochkin Association)


„Diese faszinierenden Ergebnisse bestätigen unsere Erwartung, dass wir mit Radioastron die Abläufe in den innersten Bereichen der Quasare in bisher nicht erreichter räumlicher Auflösung untersuchen können“, sagt Anton Zensus, Direktor am Max-Planck-Institut für Radioastronomie in Bonn und Leiter der Forschungsgruppe „VLBI“ am Institut.

Um diese Beobachtungen möglich zu machen, wurden die Daten des Weltraumteleskops an Bord aufgezeichnet und von dort zur Empfangsantenne der Bodenstation in Puschino (Russland) gesendet. In einem Spezialrechner („Korrelator“) in Moskau verknüpften die Forscher die Daten mit Beobachtungen von den am Projekt beteiligten erdgebundenen Radioteleskopen. Dieser Rechner sucht nach korrelierten interferometrischen Signalen (fringes) zwischen zwei oder mehr der beteiligten Antennen. Daraus lassen sich dann Bilder von weit entfernten kosmischen Objekten rekonstruieren, mit der Winkelauflösung eines virtuellen Teleskops, das so groß ist wie der maximale Abstand zwischen den beteiligten Antennen.

Abb.: Erstes interferometrisches Signal („fringe") zwischen Spektr-R und dem 100-Meter-Radioteleskop Effelsberg. (Bild: Astro Space Center of Lebedev Physical Institute)


Während der Beobachtungen des Quasars 0212+735 stand der Satellit in einer Entfernung von ca. 100.000 Kilometern von der Erde. Die mit Spektr-R geplanten Messungen können bis zu einem maximalen Abstand von 360.000 Kilometern von der Erde erfolgen; das entspricht einem Teleskop, das dreißigmal größer ist als die Erde selbst. Mit diesen Beobachtungen wird eine Winkelauflösung von 10 Mikrobogensekunden erreicht. Damit könnte man den Durchmesser einer 1-Cent-Münze auf dem Mond bestimmen, oder aber sich dem Ereignishorizont des Schwarzen Lochs im Zentrum unserer Milchstraße bis auf einen Faktor 2 annähern.

Die außergewöhnlichen Fähigkeiten von Radioastron sollen es ermöglichen, eine Reihe von ungelösten Problemen in der Astrophysik anzupacken, darunter der Ursprung der energiereichsten Teilchen im Universum und die physikalische Natur der supermassereichen Schwarzen Löcher.

MPIfR / PH

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