23.07.2021

Eiskalte Ionen im Schwingkreis

Kopplung von Schwingkreisen mit Laserkühlung erlaubt Kühlung beliebiger Ionen in Penningfallen.

Mitglieder der Gruppe um Sven Sturm in der Abteilung von Klaus Blaum am Max-Planck-Institut für Kernphysik (MPIK) präsentieren eine neuartige Technik, mit der man beliebige Ionen durch Kopplung an ein direkt laser­gekühltes Ion in einer separaten Penning­falle effizient kühlen kann. Die Ergebnisse zeigen, wie ein gemeinsamer Schwingkreis die Kopplung drastisch verbessern kann und eröffnen die Perspektive, beliebige Ionen in Penningfallen auf einige Millikelvin zu kühlen.

 

Abb.: Resonante Kopplung eines einzelnen Ions (rechts) und eines...
Abb.: Resonante Kopplung eines einzelnen Ions (rechts) und eines laser-gekühlten Ensembles von Ionen (links) in Penningfallen über einen leicht verstimmten Resonator. (Bild: MPIK)

In Penningfallen können Ionen mittels magnetischer und elektrischer Felder im freien Raum prinzipiell unendlich lang gespeichert werden. Dies ist eine ideale Umgebung für Präzisions­messungen fundamentaler Eigenschaften wie der Massen von Protonen und Elektronen oder ihrer magnetischen Momente. Sogar ein einzelnes gefangenes Ion kann entweder durch Wechselwirkung mit einem Laserstrahl „gesehen“ oder durch Aufzeichen der winzigen Ströme, die seine Bewegung in den Fallenelektroden induziert, ähnlich einem Mikrofon „gehört“ werden.

Obwohl das Ion im Inneren einer Falle gut von äußeren Störeinflüssen isoliert ist, begrenzt die thermische Bewegung des Ions die Genauigkeit der Messungen. Daher ist es für weitere Fortschritte in der Präzision unerlässlich, das Ion so weit wie möglich abzukühlen. Eine leistungsfähige Methode dafür ist Laserkühlung, die jedoch auf nur wenige Ionenspezies beschränkt ist, die geeignete elektronische Übergänge aufweisen, die vom Laserlicht angesprochen werden können. Aber dieses Problem lässt sich umgehen: Man kann ein beliebiges Ion durch Wechselwirkung mit einem anderen Ion, das für Laserkühlung geeignet ist, sympathetisch kühlen. Die sympathetische Kühlung beruht auf der natürlichen Coulombkraft. Leider beeinträchtigt das die Präzision, da die starke elektro­statische Abstoßung zwischen den Ionen deren Bewegung verändert.

Schon vor Jahrzehnten schlugen die Wissenschaftler Heinzen und Wineland vor, alternativ die Ionen über die winzigen Ströme zu koppeln, die sie in den Fallen­elektroden induzieren. Gruppenleiter Sven Sturm nennt ein anschauliches Beispiel: „Es ist so, wie wenn zwei Kinder­schaukeln durch eine Feder lose gekoppelt sind; die Energie pendelt in diesem Aufbau langsam zwischen den Ionen. Wird die eine Schaukel verlangsamt, wird nach einiger Zeit auch die andere langsamer und kommt schließlich zum Stillstand“. Während die Abkühlung eines Ions auch die Temperatur seines Partners verringert, können die präzisions­einschränkenden Neben­wirkungen einer starken Abstoßung vermieden werden. Allerdings sorgen die von den Ionen induzierten winzigen Spannungen für eine sehr schwache Kopplung und damit für eine sehr langsame sympathische Kühlung.

Die von dem MPIK-Team vorgeschlagene neue Methode basiert auf der Idee, die Kopplungsstärke über einen zusätzlichen Schwingkreis resonant zu verstärken. Sven Sturm erklärt den Effekt anhand des obigen Bildes: „Es ist so, als würde man in der Mitte der Feder, die die beiden Kinder­schaukeln verbindet, ein schwingendes Gewicht anbringen. Wenn die Schwingungs­frequenzen der Ionen (Kinder) ähnlich wie die des Resonators sind, beginnt der Resonator (die Schwungmasse) ebenfalls zu schwingen und verstärkt so die Kopplung drastisch. Sobald die Ionen jedoch kälter werden als der Resonator, beginnt dieser zu heizen und begrenzt die erreichbare Temperatur.“

Die Physiker wählten eine optimierte Verstimmung der Frequenz der Ionen gegenüber dem Resonator, um das Heizen zu kontrollieren und gleichzeitig eine starke Kopplung zu erhalten. Sie koppelten zwei hochgeladene Ionen über einen gemeinsamen Resonator und maßen ihre Kopplungsstärke. Im Vergleich zu einer gewöhnlichen Penningfalle gewannen sie durch den Einsatz des zusätzlichen gekoppelten Resonators einen Faktor 760 an Kopplungsstärke.

„Genauso wie man eine der gekoppelten Schaukeln nicht durch plötzliches Anhalten der anderen mit festem Griff abbremsen kann, sondern durch kontinuierliches Abbremsen, sollte man den stark kühlenden Laser nur alle paar Millisekunden kurzzeitig einschalten“, folgert Erstautor Bingsheng Tu. „So lässt sich effiziente sympathische Kühlung für fast jedes beliebige Ion erreichen.“ In Zukunft könnte diese neue Technik den Weg zu neuen und faszinierenden Messungen ebnen, die es erlauben, das Bild von neuen Phänomenen in der Physik zu schärfen.

MPIK / DE

 

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