El Gordo – der Dicke im frühen Universum
VLT, ACT und Chandra machen den bislang größten heißen Galaxienhaufen aus.
Ein internationales Astronomenteam hat mit dem Very Large Telescope (VLT) der Eso, dem Nasa-Röntgensatelliten Chandra und dem Atacama Cosmology Telescope einen äußerst heißen und massereichen junger Galaxienhaufen entdeckt – den größten in derartiger Distanz. ACT-CL J0102-4915 erhielt von den Wissenschaftlern den Spitznamen El Gordo – spanisch für „der Große“ oder auch „der Dicke“. Er besteht aus zwei kleineren Galaxienhaufen, die mit einer Geschwindigkeit von mehreren Millionen Kilometern pro Stunde zusammenstoßen, ähnlich wie beim berühmten Bullet Cluster.
Abb.: Das Bild von El Gordo zeigt neben dem Licht des Clusters (schwarz-weiß) die Röntgenemission des heißen Gases (blau; Bild: Eso / Soar / Nasa)
Der mit sieben Milliarden Lichtjahren mehr als doppelt so weit entfernte El Gordo ist der massereichste, heißeste und im Röntgenbereich zudem der leuchtkräftigste jener Epoche. Durch die ausführliche Beobachtung in verschiedenen Spektralbereichen erwies sich das Objekt als außergewöhnliches System kollidierender Galaxienhaufen.
Galaxienhaufen sind die größten durch ihre eigene Schwerkraft zusammengehaltenen Objekte im Universum. Dessen Anteile an Dunkler Materie und Dunkler Energie nehmen gewichtigen Einfluss auf den genauen Prozess ihrer Entstehung. Die Analyse, wie die Verschmelzung kleinerer Gruppen von Galaxien vonstattengeht, liefert daher wichtige Erkenntnisse über diese geheimnisvollen Bestandteile des Kosmos.
Das Wissenschaftlerteam, angeführt von chilenischen Astronomen und Kollegen von der Rutgers University, New Jersey, entdeckte El Gordo durch eine leichte Verzerrung der Drei-Kelvin-Hintergrundstrahlung. Dieser Mikrowellenhintergrund unterliegt dem Sunyaev-Zel'dovich-Effekt: Die Photonen kollidieren mit den Elektronen im heißen Gas innerhalb des Galaxienhaufens, was das Erscheinungsbild der kosmischen Hintergrundstrahlung verzerrt. Der Effekt ist umso stärker, je dichter und größer der Cluster ist. Mit dem VLT bestimmten die Astronomen im Anschluss die Geschwindigkeiten der an dieser riesigen Kollision beteiligten Galaxien und ihre Entfernung von der Erde. Mit Chandra untersuchten sie außerdem das heiße Gas.
Dieses ist räumlich von der Dunklen Materie getrennt. Dazu kann es kommen, weil das heiße Gas bei der Kollision der zwei Haufen abgebremst wird, die Dunkle Materie jedoch nicht. Sollte ihr Gehalt und der der Dunklen Energie in El Gordo den damals typischen Werten gleichen, stützen die Ergebnisse die gängigen kosmologischen Modelle.
ESON / OD