24.01.2008

EU muss beim Klimawandel Farbe bekennen

Die 27 Staaten der Europäischen Union müssen im Kampf gegen den Klimawandel jetzt Farbe bekennen.

Brüssel/Berlin (dpa) - Die 27 Staaten der Europäischen Union müssen im Kampf gegen den Klimawandel jetzt Farbe bekennen. Die EU-Kommission schlug konkrete Ziele zur Einsparung von Treibhausgasen und zur Förderung erneuerbarer Energien vor. So muss Deutschland den EU-Vorschlägen zufolge bis 2020 den Anteil erneuerbarer Energien von 5,8 Prozent (2005) auf 18 Prozent erhöhen. Der Ausstoß der Treibhausgase von Fahrzeugen, Haushalten, Gewerbe und Landwirtschaft soll um 14 Prozent unter den Wert von 2005 gedrückt werden. Ursprünglich waren 15 Prozent vorgesehen.

«Die Kommission hat eine historische Entscheidung getroffen. Das ist ein großer Moment für Europa und für unseren Kampf gegen den Klimawandel», sagte EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso in Brüssel. Das vorgeschlagene Gesetzespaket soll in der gesamten EU bis 2020 den Ausstoß von Treibhausgasen um 20 Prozent unter das Niveau von 1990 senken. Der Anteil erneuerbarer Energien soll EU-weit von derzeit 8,5 auf 20 Prozent steigen.

Als Reaktion auf das Klimaschutzpaket der EU-Kommission sagte Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD), dass sich die Menschen in Deutschland auf weitere Verschärfungen bei den Klimaschutzmaßnahmen einstellen müssten. Dazu werde jetzt auch ein allgemeines Tempolimit auf Autobahnen nach 2009 unumgänglich, sagte Gabriel. So klaffe bei den geplanten Maßnahmen zum Abbau der Kohlendioxid-Emissionen von 1990 bis 2020 um 40 Prozent doch noch eine etwas größere Lücke als bisher angenommen.

Europa werde Klimaschutzvorreiter bleiben, begrüßte Gabriel die Vorschläge der Kommission insgesamt: «Das ist ein gutes brauchbares Paket, was wir unterstützen sollten. (...) Deutschland fühlt sich den Zielen verpflichtet.» Positiv sei, dass Wettbewerbsnachteile für die energieintensive deutsche Industrie wie Stahl- oder Zementhersteller abgewendet worden seien. Sie müsse damit keine Lasten im Emissionshandel tragen.

Den Plänen der Kommission zufolge sollen alle großen Industrien (vor allem Stromproduzenten), aber später auch die Luftfahrt, dem Emissionshandelssystem (ETS) unterliegen. Das Recht zur Luftverschmutzung muss grundsätzlich bezahlt werden und soll Anreiz zu weniger Schadstoffausstoß sein.

Die direkten Kosten der Emissionsverringerung wurden von Barroso auf 90 Milliarden Euro geschätzt. Das Bruttoinlandsprodukt 2020 werde um knapp 0,5 Prozent beeinträchtigt. Um etwa zehn Prozent sollen in dem nicht vom ETS erfassten Bereich Fahrzeuge, Haushalte, Gewerbe und Landwirtschaft die Emissionen von Treibhausgasen gesenkt werden. Dafür sind die nationalen Regierungen verantwortlich. Staaten, die großen Nachholbedarf im Wirtschaftswachstum haben, müssen weniger Einsparungen erbringen als wohlhabendere.

Die Absicht, mit Biotreibstoff bis 2020 zehn Prozent des Spritverbrauchs zu decken, erwies sich bereits bei der Präsentation der Vorschläge im Europaparlament als kontrovers. Mehrere Abgeordnete kündigten erbitterten Widerstand an, weil Biotreibstoffe gefährlich für die Umwelt seien. Barroso argumentierte, die Kommission habe «die fortschrittlichsten Umweltkriterien» vorgeschlagen, um Umweltschäden auszuschließen. Zudem hätten die Staats- und Regierungschefs der EU im März 2007 eigens das Zehn-Prozent-Ziel beschlossen.

Umweltorganisationen wie Greenpeace und Oxfam kritisierten die angestrebte Verringerung der Treibhausgase um 20 Prozent bis 2020 als nicht ehrgeizig genug. Bei der Klimakonferenz in Bali sei noch von 25 bis 40 Prozent gesprochen worden. Greenpeace zeigte sich «besonders unglücklich» über den Vorschlag, europäisch mitfinanzierte Klimaschutz-Vorhaben in Drittstaaten auf den Abgasausstoß der Europäer anzurechnen. Grundsätzlich waren die ersten Reaktionen im Europaparlament, das sich ebenso wie der EU-Ministerrat mit den Vorschlägen befasst, positiv. Die CDU-Abgeordneten Karl-Heinz Florenz und Peter Liese warnten allerdings vor zu großen Lasten für die Industrie. Die SPD-Energieexpertin Mechtild Rothe sagte: «Die Gesetzesvorschläge sind besser als erwartet.»

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