Eigentlich war das 2009 gestartete NASA-Weltraumteleskop Kepler zur Suche nach extrasolaren Planeten schon 2013 wegen zweier defekter Schwungräder außer Betrieb gesetzt worden. Doch die Missionskontrolle schaffte es, den Teleskop-Orbiter in einem veränderten Betriebsmodus auf seiner Umlaufbahn um die Sonne in eine Raumlage zu manövrieren, die eine Fortsetzung der Mission ermöglichte. Dabei nutzten die Forscher den Sonnenwind zur Stabilisierung der Sonde, sodass sie der Mission im Mai 2014 ein „zweites Leben” einhauchen konnten, die von der NASA mit dem Missionsnamen K2 bezeichnet wird. Wissenschaftler vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) haben nun gemeinsam mit Kollegen anderer Einrichtungen in den K2-Daten sechs neue Planeten an anderen Sternen entdeckt, darunter zwei außergewöhnliche Begleiter an einem Stern mit der anderthalbfachen Masse der Sonne.
Abb.: Künstlerische Darstellung eines heißen Jupiters im Sternhaufen Messier 67 (Bild: ESO)
Obwohl seit 1996 insgesamt mehr als 3000 extrasolare Planeten entdeckt worden sind, gleicht keiner dieser Planeten dem anderen. Jede Neuentdeckung zeigt die Vielfalt und die Variationen bei der Entstehung und Entwicklung von Planetensystemen. Die im letzten Halbjahr bestätigten und in Publikationen veröffentlichten Planeten haben alle ihre Besonderheiten – sei es, dass neben dem Planeten auch ein Brauner Zwerg einen Stern umkreist, oder dass der Stern ein seltener Typus ist, zu dem nur wenige Planetensysteme bekannt sind. Ursprünglich beobachtete das Kepler-Teleskop fast fünf Jahre lang ein Feld mit etwa 190.000 Milchstraßensternen im Sternbild Schwan. In den gesammelten Daten wurden hunderte von Transitplaneten gefunden, also Planeten, die aus der Beobachtungsperspektive vor ihrem Stern vorbeiziehen und dessen Licht bei diesem Durchgang vor dem Stern um einen winzigen, aber messbaren Bruchteil abgedimmt wird.
Bei der Auswertung der Kepler-Daten haben Wissenschaftler um Alexis Smith vom DLR-Institut für Planetenforschung in Berlin-Adlershof unter anderem am Stern K2-99 nun zwei neue Begleiter identifiziert: K2-99 ist ein sehr eisenreicher Stern von etwa der 1,6-fachen Masse der Sonne, dessen Charakteristik schon in Richtung eines Roten Riesen geht, einem Sternenstadium, das auch der Sonne nach der Fusion allen Wasserstoffs zu Helium in fünf Milliarden Jahren bevorsteht. „Dieser Stern wird zum einen von einem jupiterähnlichen Planeten umkreist”, erklärt Alexis Smith, „aber im Gegensatz zum Jupiter, der für einen Sonnenumlauf fast zwölf Jahre benötigt, umläuft K2-99b seinen Stern in gerade mal 18 Tagen. Interessant an K2-99 ist, dass wir auch Signale von einem zweiten Objekt in einer langperiodischen Umlaufbahn von mehreren hundert Tagen sehen, vielleicht ein Brauner Zwerg.” Braune Zwerge sind für die Astronomie von großem Interesse, weil sie die Lücke zwischen Planeten und Sternen füllen und als verhinderte Sterne gelten, über die man noch nicht viel weiß.
Doch nicht nur die beiden Begleiter des Sterns weckten die Aufmerksamkeit der Wissenschaftler: K2-99 ist kein gewöhnlicher Stern der Hauptreihe, sondern ein Unterriese, der etwas heller als die Sonne leuchtet. Bei solchen Unterriesen hat man bisher nur wenige Transitplaneten gefunden. Obwohl jupitergroße Planeten in engen Umlaufbahnen – „heiße Jupiter” – die ersten Exoplaneten waren, die man entdeckt hat, gibt es auch hier immer noch offene Fragen. Denn nicht alle Kombinationen von Planetenparametern wie hoher oder geringer Dichte und kurzer oder längerer Umlaufperiode scheinen möglich zu sein. So füllt der vom DLR-Wissenschaftler Philipp Eigmüller und seinem Kollegen in den K2-Beobachtungen jüngst entdeckte Planet K2-60b eine solche leere Region bei den Planeten mit kleinerem Radius als Jupiter.
Auch dieser Planet umkreist seinen Stern in der extrem kurzen Zeit von nur drei Tagen. Zum Vergleich: Der innerste und schnellste Planet unseres Sonnensystems, Merkur, benötigt dazu 88 Tage. Eine derart kurze, nur dreitägige Umlaufzeit hat auch ein weiterer Exoplanet, den Eigmüller und weitere Wissenschaftler bei dieser Auswertung entdeckt haben und der die astronomische Bezeichnung K2-107b erhielt. Sein Radius ist fast anderthalbmal so groß wie der des Jupiters.
Neben den vier geschilderten Planeten entdeckten die DLR-Planetenforscher gemeinsam mit deutschen, europäischen und amerikanischen Kollegen ferner einen neptungroßen Planeten in einem Zehn-Tage-Orbit um den Stern K2-98, der wegen der Nähe zu seinem Stern im Gegensatz zum Eisriesen Neptun allerdings ein recht warmer Planet sein muss. K2-98b wird wegen dieser Sternennähe nach Berechnungen der Wissenschaftler in drei Milliarden Jahren von seinem Zentralgestirn verschluckt werden, dann nämlich, wenn sich K2-98 zu einem Roten Riesen aufgebläht haben wird. Schließlich entdeckten die Forscher mit K2-31b einen weiteren heißen Jupiter, der seinen Stern K2-31 in sogar nur eineinviertel Tagen umkreist und die 1,8-fache Masse des Jupiters besitzt.
DLR / DE