16.10.2015

Fusionsforschung unter Hochspannung

Heizsystem von ITER erhält leistungsstarke Energieversorgung.

ITER wird die bisher größte Fusionsanlage, die ein Plasma mit einem Volumen von fast 840 Kubikmetern bei 150 Millionen Grad Celsius, dem Zehnfachen der Temperaturen, die im Innern der Sonne herrschen, erzeugt. Um diese Temperaturen zu erreichen, braucht man leistungs­starke Heizsysteme mit hochenergetischen Strahlen, um die Kerne aufeinander zu stoßen und eine Fusions­reaktion auszulösen.

Abb.: Design der Hochspannungsanlage (Bild: Siemens)

F4E, das gemeinsame Unternehmen der Europäischen Union, das Europas Beitrag zum ITER leitet, und Siemens haben eine Zusammenarbeit zur Entwicklung von drei Ausrüstungseinheiten für Energie­versorgungen begonnen, die Anforderungen erfüllen müssen, die weit über die derzeitig branchenüblichen Anforderungen hinausgehen. Diese Einheiten sollen in die ITER-Neutral­teilchen­injektoren (Neutral Beam Injectors – NBI), einem der ITER-Heizsysteme, integriert werden. Eine Einheit wird für eine Forschungs­einrichtung in Italien gebaut, die die Forscher dabei unterstützt, die NBI-Komponenten zu testen, bevor sie für ITER in Betrieb gehen. Die anderen beiden Einheiten werden als Teil des leistungsstarken NBI-Systems von ITER gefertigt und sollen 33 Megawatt Strom liefern, um Neutralteilchen in den Kern seines heißen Plasmas einzuschießen. Die Arbeiten werden voraussichtlich sieben Jahre dauern. Ihr Gesamtwert bewegt sich in einer Größenordnung von 18 Millionen Euro.

Pietro Barabaschi, geschäftsführender Direktor des F4E, erklärte, dass „durch diese Zusammenarbeit ein global agierendes europäisches Innovations­unternehmen einen Beitrag zu der größten internationalen Kooperation leistet, die den Energiemix der Zukunft beeinflussen wird“. Michael Krohn, Projektleiter Hochspannungs­anlagen und Hochspannungs­durch­führungen bei Siemens, erklärte: „Unser Unternehmen ist stolz darauf, Teil dieses internationalen Forschungs­projekts zu sein und eine aktive Rolle beim Bau von Anlagen für die ITER-Neutralteilcheninjektoren zu spielen. Wir freuen uns auf eine fruchtbare Zusammenarbeit.“

Im Rahmen dieses Auftrags wird Siemens drei Hoch­spannungs­einheiten entwickeln, fertigen und testen, die die Energie für die NBI-Hoch­energie­strahlen bereitstellen, die das ITER-Plasma aufheizen. Im Rahmen dieses Vertrags werden auch die Hoch­spannungs­durch­führungen, mit denen die Energie­versorgungs­einheiten mit den Übertragungsleitungen verbunden werden, von der japanischen Mitgliedsstelle für den ITER bereitgestellt. Nach erfolgreichem Abschluss der Prüfungen im Rahmen der Betriebsabnahme werden die Komponenten an verschiedene Orte transportiert und dort aufgebaut. Die erste Einheit wird an die NBI-Testanlage Megavolt ITER Injector and Concept Advancement (MITICA) in Padua geliefert, die vom F4E, der japanischen Mitgliedsstelle für den ITER und Italiens Consorzio RFX, das die Infrastruktur für die NBI-Tests bereitstellt, finanziert wird. Die anderen beiden Einheiten werden an den ITER in Cadarache geliefert, wo sie zusammen mit den anderen Komponenten des NBI-Energie­versorungs­systems integriert werden.

Die Hochspannungseinheiten muss man sich als luftisolierte faradaysche Käfige vorstellen, die mit einer Gesamtfläche von 150 Quadratmetern auf zwei Stockwerke verteilt sind. Sie umfassen Transformatoren, Strom­verteilungs­systeme und Schaltschränke mit einem Gesamt­gewicht von fast 45 Tonnen. Der Gesamtaufbau wird rund 100 Tonnen erreichen und auf hohen Stütz­isolatoren sechs Meter über dem Boden stehen. Die Einheiten werden gemäß den Anforderungen an die Erdbeben­sicherheit gebaut, die für die entsprechenden Anlagen in Italien und Frankreich gelten. Auch die Durchführungen stellen mit ihren Hochspannungs-Isolations­eigenschaften für ein Megavolt und ihrer kompakten Bauweise sowie der Verwendung von SF6, einem stark wirkenden Treibhausgas als elektrischer Isolator eine technische Neuerung dar. Siemens, für die Produktion der Durch­führungs­baugruppe verantwortlich, und Hitachi, für die Herstellung der Übertragungs­leitungen zuständig, müssen eng zusammenarbeiten, damit sich ihre Baugruppen nahtlos aneinanderfügen und betriebsbereit sind.

F4E / DE

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