Gammaquelle am Rand von Terzan 5
Erster Nachweis von Gammastrahlung aus Richtung eines Kugelsternhaufens.
Erster Nachweis von Gammastrahlung aus Richtung eines Kugelsternhaufens.
Forscher des Heidelberger Max-Planck-Instituts für Kernphysik und 33 weiterer Institutionen der H.E.S.S.-Kollaboration haben eine neue Quelle (HESS J1747 – 248) sehr hochenergetischer Gammastrahlung entdeckt, die sich nahezu in der gleichen Richtung am Himmel befindet wie der Kugelsternhaufen Terzan 5 im Sternbild Schütze. Diese unmittelbare Nachbarschaft legt nahe, es sich tatsächlich um einen bisher unbekannten Teil von Terzan 5 handelt, zumal die Wahrscheinlichkeit für eine zufällige Richtungsübereinstimmung anhand der Häufigkeit bekannter Gammaquellen unter 1:10.000 liegt. Damit wurde erstmals ein Kugelsternhaufen als Ort einer Gammaquelle identifiziert.
Abb.: Der Kugelsternhaufen Terzan 5 (Bildmitte) im sichtbaren Licht und die Gammaquelle. Die Gammaintensität ist in Falschfarben von blau (niedrig) nach weiß (hoch) dargestellt. Der kleinere Kreis (durchgezogen) umfasst die Hälfte der Masse von Terzan 5 (oben links vergrößert dargestellt). Der größere Kreis (gestrichelt) gibt die Ausdehnung von Terzan 5 an, innerhalb der Sterne noch durch Gravitation an den Haufen gebunden sind. (Bild: ESO/Digitized Sky Survey 2 und ESO/F. Ferraro (IR))
Zum Nachweis der Gammastrahlung diente das Teleskopsystem H.E.S.S. (High Energy Stereoscopic System) in Namibia, das aus vier Großteleskopen besteht. Diese nehmen mit ultraschnellen Kameras schwache Lichtspuren (Tscherenkow-Strahlung) von atmosphärischen Teilchenschauern auf, die von Gammaquanten in etwa 10 km Höhe ausgelöst werden. Die vier verschiedenen Blickrichtungen erlauben die Rekonstruktion der Richtung der Gammaquelle am Himmel. Bemerkenswert bei der aktuellen Entdeckung sind die längliche Form der Quelle und ihre Lage abseits des Haufenzentrums.
Für den Ursprung der Gammastrahlung gibt es am Beispiel anderer bekannter Objekte eine Reihe von möglichen Erklärungen. Gestützt von theoretischen Modellen geht man davon aus, dass zunächst geladene Teilchen, Elektronen oder Protonen, in einem kosmischen Beschleuniger auf die entsprechenden Energien gebracht werden und diese dann in weiteren Stoßprozessen in Gammaquanten umwandeln. Bei Elektronen kommen dafür Millisekundenpulsare (rasch rotierende Neutronensterne) in Frage oder auch von ihnen ausgehende Sternenwinde bzw. Schockfronten, wenn diese aufeinander treffen, was bei der hohen Sterndichte in einem Kugelsternhaufen plausibel erscheint. Dies erklärt aber nicht ohne weiteres die räumliche Verschiebung der neuen Gammaquelle gegenüber dem Haufenzentrum, wo man sowohl die meisten Pulsare als auch Wechselwirkungen der hochenergetischen Elektronen mit dem Sternenlicht erwarten würde.
Protonen könnten in Supernovaüberresten beschleunigt werden; dies ist aus anderen Quellen bekannt und Supernovae infolge von Sternkollisionen sind in Kugelsternhaufen durchaus zu erwarten. Aber wiederum erhebt sich die Frage, warum die beobachtete Quelle abseits vom Zentrum liegt. Eine mögliche Erklärung wäre, dass das eigentliche Quellobjekt als Folge von nahen Sternbegegnungen in die Außenbereiche geschleudert wurde.
Es ist aber nach wie vor ein Rätsel, warum HESS J1747 – 248 eine „dunkle Quelle“ ist, also in den anderen Bereichen des Spektrums bisher nicht nachweisbar leuchtet. „Letztlich ist die Natur der Quelle unklar, weil kein Gegenstück oder Modell die beobachtete Morphologie erklärt“, sagt Wilfried Domainko vom Max-Planck-Institut für Kernphysik. Von Interesse für zukünftige Untersuchungen ist daher der benachbarte Bereich niedrigerer Gammaenergien, dessen Nachweis sich den bisherigen Messmöglichkeiten entzog. Abhilfe könnte das im Bau befindliche fünfte Großteleskop H.E.S.S. II schaffen, das eine gesteigerte Empfindlichkeit gegenüber weniger energetische Quanten haben wird.
MPI für Kernphysik / MH