18.12.2006

Geheimnisse der Brownschen Rotation

Studierende aus Braunschweig haben bei Praktikumsexperimenten am Fallturm in Bremen weltweit beachtete Forschungsergebnisse erzielt.



Studierende aus Braunschweig haben bei Praktikumsexperimenten am Fallturm in Bremen weltweit beachtete Forschungsergebnisse erzielt.

Dem Geheimnis der Brownschen Rotation sind Physik-Studierende der Technischen Universität Braunschweig auf die Schliche kommen. Ihre Ergebnisse sind jetzt in der renommierten Physik-Zeitschrift „Physical Review Letters“ veröffentlicht worden. Außergewöhnlich ist, dass die Publikation auf Experimenten fußt, die sie im Rahmen eines Praktikums über Forschung unter den Bedingungen der Schwerelosigkeit im erst zweiten Studienjahr durchgeführt hatten.

Albert Einstein hat 1905 das Phänomen der Brownschen Bewegung beschrieben, das auch für Rotationen gelten muss. Er erkannte, dass kleine Partikel, wie zum Beispiel Staubkörner, in Gasen zuckende Bewegungen vollziehen. Von allen Seiten stoßen nämlich die Moleküle der umgebenden Gase an die zwar größeren, aber ausschließlich unter dem Mikroskop sichtbaren Teilchen. Bislang war diese „zappelnde“ Rotation nur unzureichend erforscht und noch nicht im Experiment beobachtet worden. Im Sommer 2005 haben die vier angehenden Physiker fünfzehn Abwürfe im Bremer Fallturm durchgeführt und filmisch mit einer Hochgeschwindigkeitskamera dokumentiert. Sie haben dabei die bisher weltweit höchste zeitliche und räumliche Auflösung der Bewegung in verdünnten Gasen erreicht, welche die Mikropartikel im Raum vollziehen.

„Unsere Staubexperimente liefern uns wichtige Informationen über die Entstehung unseres Sonnensystems“, erläutert Jürgen Blum, Professor am Institut für Geophysik und extraterrestrische Physik der TU Braunschweig. „Im Labor und im Fallturm können wir gleichsam künstlichen Planeten bei ihrer Geburt zuschauen. Eine Besonderheit an dieser Fallturmkampagne ist, dass sie ausschließlich von unseren Studierenden durchgeführt wird. Experimentaufbau, -betreuung und -auswertung werden von einem vierköpfigen Team im Rahmen eines Mikrogravitationspraktikums in alleiniger Verantwortung betrieben.“

Folgemessungen können, so Blum, Aufschlüsse über die fundamentale Wechselwirkung zwischen Gasmolekülen und Feststoffpartikeln geben. Sie sollen im Frühjahr 2007 im Bremer Fallturm stattfinden.

Neben dem grundsätzlichen Interesse an dem physikalischen Phänomen gibt es in der Astrophysik auch Anwendungen der Brownschen Rotation: Diese ungeordnete Rotationsbewegung führt im interstellaren Raum dazu, dass die Staubteilchen nicht die perfekte Ausrichtung besitzen, die sie eigentlich aufgrund der Magnetfelder aufweisen müssten. Eine Folge ist, dass das an ihnen gestreute Licht seine Polarisation verändert. In Molekülwolken und in Planetenentstehungsgebieten führt die Brownsche Rotation zu veränderten Stoß- und Wachstumsbedingungen der Staubteilchen und beeinflusst damit die Zeitdauer der Entstehung größerer Körper.

Die Untersuchung der Brownschen Rotation mikroskopisch kleiner Partikel in verdünnten Gasen ist nur unter den Bedingungen der Schwerelosigkeit zu untersuchen. Im Labor führt das Absinken der Teilchen nämlich immer automatisch zu einer Beeinflussung der Rotation der Partikel. Im Fallturm Bremen dagegen herrscht für 4,7 Sekunden ausgezeichnete Schwerelosigkeit, sodass dort die Partikel relativ zum Gas in Ruhe sind. Somit lassen sich Brownsche Bewegung und Brownsche Rotation und deren gegenseitige Beeinflussung untersuchen.

Die fünfzehn Abwürfe im Fallturm Bremen wurden freundlicherweise vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt DLR zur Verfügung gestellt.

Quelle: TU Braunschweig

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