17.03.2005

Good-bye Deutschland

Nach einer Studie für das manager magazin sieht mehr als die Hälfte der jungen Hochschul-Elite in Deutschland keine berufliche Zukunft.


 

Nach einer Studie für das manager magazin sieht mehr als die Hälfte der jungen Hochschul-Elite in Deutschland keine berufliche Zukunft.

Berlin (dpa) - Deutschlands künftige Akademiker könnten der Traum einer jeden Personalabteilung sein: Sie sind pragmatisch, realistisch, leistungsbereit und verantwortungsbewusst. Die Sache hat nur einen Haken: Mehr als die Hälfte der jungen Hochschul-Elite sieht in Deutschland keine berufliche Zukunft. Nach einer Studie für das «manager magazin» würden 56 Prozent der Studenten, die heute kurz vor ihrem Abschluss stehen, für einen sicheren Arbeitsplatz ins Ausland gehen. «Generation Good-bye» hat die Zeitschrift die heutigen 20- bis 29-Jährigen deshalb getauft.

Die neuen Jung-Akademiker ticken laut der Studie anders als die Hochschul-Absolventen der 80er und 90er Jahre. Konsum und Genuss sind out. Mit Wünschen nach sicheren Jobs und Familie geben sich die heutigen Mittzwanziger eher wertkonservativ. Ein Grund mag sein, dass sie in einer wirtschaftlichen Krisenstimmung erwachsen wurden. Viele haben den Taumel der New Economy beobachtet. Oder sie sahen die vielen coolen und hippen Kreativen, die beispielsweise mit hochfliegenden Business-Plänen für neue Internet-Portale kläglich an den Realitäten des Marktes scheiterten.

Ernüchtert sei diese «Generation 05», heißt es in der Auswertung der Umfrage, die am Mittwoch in Berlin präsentiert wurde. Arbeitslosigkeit, Bildungsmisere und sogar die drohende Überalterung Deutschlands stehen bei ihren Zukunftssorgen ganz oben. Auf den hinteren Plätzen rangieren dagegen das Bangen um die Umwelt oder Angst vor Kriegen. «In erster Linie geht es dieser Generation um das Managen des eigenen Lebens», resümiert Henrik Müller vom «manager magazin».

Der Präsident des Hamburger Weltwirtschaftsarchivs (HWWA), Thomas Straubhaar, fühlt sich bei der Analyse der Studie, die in Zusammenarbeit mit der Unternehmensberatung McKinsey erstellt wurde, gar an die DDR erinnert. «Da ist eine junge Generation, die abhaut», sagt er. «Diejenigen, die bleiben, werden auf Dauer nicht die Lasten des Systems tragen können.» Dass mehr als die Hälfte der künftigen Akademiker Deutschland den Rücken kehren würde, wertet er als Alarmsignal. Doch wenn die «Generation Good-bye» ihre besten Chancen in China oder Japan sieht, hält Straubhaar dagegen: «Da ist closed shop für die meisten Europäer.» Es sei auch naiv, in den USA auf die große Zukunft zu hoffen. «Die Konkurrenz ist riesig.»

Das Bleiben in Deutschland sei für viele junge Deutsche effizienter, betont Straubhaar. Dafür sei ein Pakt zwischen Jung und Alt, eine Entlastung von Renten- oder Pflegeversicherung, dringend geboten. Die Studie sei ein Warnsignal an die ältere Generation in Deutschland, aber kein Grund für Torschlusspanik.

Um das große Geld oder eine schnelle Karriere geht es den 1072 Studenten, die vom Institut für Markt-, Politik- und Sozialforschung PSEPHOS für die Studie befragt wurden, nicht mehr. Es mag an positiven Vorbildern fehlen. An den heutigen Managern in Deutschland lassen die Studenten zumindest kaum ein gutes Haar: Sie seien egoistisch, überbezahlt, unqualifiziert, moralisch wenig integer und hingen veralteten Führungsstilen an, heißt es.

Große Visionen für ihr eigenes Leben haben die Jung-Akademiker aber auch nicht. Es soll wohl eher ruhig sein und sicher. Dafür sind viele bereit, etwas zu geben. Die Mehrheit würde - wenn es sein muss - mehr als 40 Stunden in der Woche arbeiten; jeder fünfte geht davon aus, erst mit 70 Jahren in Rente gehen zu können. Rund die Hälfte würde auch in die Selbstständigkeit starten. Damit hat sich die junge Elite von vielen Idealen ihrer Elterngeneration verabschiedet. «Mit diesem Potenzial lässt sich in Deutschland etwas bewegen», glaubt HWWA- Präsident Straubhaar.

Ulrike von Leszczynski, dpa

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