31.08.2012

Gravitationswellen mit der Armbanduhr messen

Extrem enges Doppelsternsystem aus Weißen Zwergen verliert messbar Energie durch Gravitationsstrahlung.

Laut den Vorhersagen der Allgemeinen Relativitätstheorie strahlen alle beschleunigten Massen Gravitationswellen ab. Dieser Effekt ist allerdings so winzig, dass bislang kein direkter Nachweis von Gravitationswellen geführt werden konnte. Indirekte Messungen, die sich exotischer Konstellationen von Himmelskörpern bedienen, liefern zur Zeit noch die einzigen Bestätigungen dieser Konsequenzen der Relativitätstheorie. Eng einander umkreisende, massive Objekte verlieren durch Gravitationsstrahlung Energie und kommen sich hierdurch immer näher; dadurch steigt ihre Umlauffrequenz. Für die Entdeckung dieses Effekts mit Radioteleskopen an Neutronensternen wurde 1993 der Physik-Nobelpreis verliehen.

Abb.: Künstlerische Darstellung der beiden Weißen Zwerge im System J0651. (Bild: D. Berry/NASA GSFC)

Astronomen des McDonald-Observatoriums in Austin, Texas, haben dies nun erstmals auch mit optischen Teleskopen beobachten können. Die beiden Weißen Zwerge im Sternensystem J0651 rotieren so eng umeinander, dass sie nicht einmal 13 Minuten für einen Umlauf benötigen. Weiße Zwerge sind kompakte, ausgebrannte Sterne am Ende ihrer Entwicklung. Nur vier weitere Systeme sind bekannt, in denen sich zwei Himmelskörper in weniger als 15 Minuten umkreisen. All diese tauschen jedoch Material miteinander aus, wodurch der Effekt der Gravitationswellen kaschiert wird.

Über einen Untersuchungszeitraum von 13 Monaten konnten die Astronomen eine gleichmäßige Abnahme der Umlaufzeit von rund 765 Sekunden beobachten. Wie die Wissenschaftler berichten, beschleunigte sich die Rotation in einem Jahr um 0,31 Millisekunden. Dies ist in sehr gutem Einklang mit den Vorhersagen der Allgemeinen Relativitätstheorie. Über die bisherige Messzeit hat sich der Effekt bereits auf sechs Sekunden akkumuliert und wird bis zum Ende der Messkampagne im Jahr 2013 ganze 20 Sekunden betragen.

Diesen erstaunlich starken Effekt konnten die Astronomen sogar mit einer simplen Kamera auf einem 75 Jahre alten Teleskop beobachten. Damit ließe sich eine schwierige Vorhersage der Relativitätstheorie sogar mit der Armbanduhr messen. Die Astronomen benutzten aber noch drei weitere, modernere Teleskope für die Datennahme. Die Weißen Zwerge liegen in einer Ebene mit der Erde, so dass bei jedem Umlauf der eine kurzzeitig vom anderen verdeckt wird.

Die beiden untersuchten Exemplare besitzen die Hälfte, bzw. ein Viertel der Masse unserer Sonne und befinden sich in galaktischer Nahdistanz von nur 3000 Lichtjahren. Gleichzeitig ist dieses System die zweitstärkste bekannte Quelle von Gravitationswellen in unserer Galaxie, was es zu einem wichtigen Forschungsobjekt für künftige direkte Nachweisversuche macht. Eines Tages werden die beiden Weißen Zwerge miteinander verschmelzen und eventuell in einer Supernova verglühen. Beeilen müssen sich die Astronomen vorerst aber nicht: Erst in circa zwei Millionen Jahren wird es soweit sein.


Dirk Eidemüller

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