14.11.2017

Gummi als Kraftwerk

Elastisches Polymer wandelt mechanische Bewegungen in elektrische Ladungen um.

Am Zentrum für Material­forschung Empa in der Schweiz haben Wissen­schaftler einen dünnen, organischen und elas­tischen Film entwickelt, der Strom produziert, wenn er auseinander­gezogen oder zusammen­gepresst wird. Dieser Gummi-Film könnte in Schaltknöpfe, Kleidung, Roboter oder sogar Menschen eingebaut werden und Akti­vitäten überwachen, Berührungen auf­zeichnen oder bei Verformung Strom generieren, etwa um implan­tierte Geräte wie Herzschritt­macher zu betreiben.

Abb.: Dieser flexible Gummi erzeugt bei Dehnung und Stauchung über den Piezo-Effekt elektrischen Strom. (Bild: Empa)

Die Fähig­keit, mechanische Bewe­gungen in elek­trische Ladungen umzuwandeln, verdankt der Gummi dem piezo­elektrischen Effekt. Die innere Pola­risation des Gummis ändert sich, sobald er mechanisch verformt wird. Dieser Effekt wird zum Beispiel bei Tonab­nehmern von Platten­spielern genutzt. Die Nadel wird durch die Rillen in der Platte so gelenkt, dass sie mechanische Schwingungen erzeugt. In einem piezo­elektrischen Kristall werden diese Schwingungen zu elek­trischen Impulsen umge­wandelt, die wiederum verstärkt und in Schall­schwingungen umge­wandelt werden können.

Lange Zeit war der piezo­elektrische Effekt nur von Kristallen bekannt. Da diese starr sind, konnte der Effekt nur in bestimmten Anwen­dungen genutzt werden. Doch Dorina Opris und ihren Kollegen gelang es nun, Elastomere mit piezo­elektrischen Eigen­schaften zu versehen. Der Gummi ist ein Verbundstoff aus polaren Nano­partikeln und einem Elastomer, im Prototyp Silikon. Yee Song Ko musste zuerst beide Stoffe in die gewünschte Form bringen und sie an­schließend miteinander vernetzen. Es entstand ein dünner, elastischer Film, in dem die polaren Reste der Nano­partikel noch zufällig orientiert waren. Um ein piezo­elektrisches Material zu erhalten, prägte er dem Gummi durch ein starkes elek­trisches Feld eine innere Pola­risierung auf. Zu diesem Zweck wurde der Film erhitzt, bis die Glasübergangs­temperatur der Nanopartikel über­schritten war, und diese von einem festen, glasartigen Zustand in einen gummi­artigen, zäh­flüssigen Zustand übergingen. Unter diesen Bedingungen orien­tierten sich die polaren Reste an dem elek­trischen Feld. Die erreichte Orien­tierung wurde schließlich durch Abkühlen des Materials auf Raum­temperatur konserviert.

Die Anwendungs­möglichkeiten für die neuartige Gummifolie sind vielfältig. Daraus könnten zum Beispiel Druck­sensoren gebaut werden. Wird das Material zusammen­gedrückt, entsteht ein elek­trischer Impuls, der von Geräten empfangen und inter­pretiert werden kann. So könnten nicht nur Schaltknöpfe konzipiert werden, sondern auch eine sensible Haut für Roboter, die Berüh­rungen fühlt. Außerdem könnte die Folie in Kleidung nützlich sein, um entweder die Akti­vitäten des Trägers zu überwachen oder aus dessen Bewegung Strom zu gene­rieren.

„Wahr­scheinlich könnte man dieses Material sogar nutzen, um Energie aus dem mensch­lichen Körper zu gewinnen. Man könnte es zum Beispiel in der Nähe des Herzens implan­tieren, um aus den Herz­schlägen Strom zu erzeugen“, meint Dorina Opris. Damit könnten Herzschritt­macher oder andere implan­tierte Geräte angetrieben werden, operative Eingriffe für einen Batterie­wechsel wären dann nicht mehr nötig.

Empa / JOL

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