Wissenschaftlern des Instituts für Solarenergieforschung (ISFH) und des Instituts für Materialien und Bauelemente der Elektronik (MBE) der Leibniz Universität Hannover ist es gelungen, eine neuartige Solarzelle zu entwickeln, die mit einem Wirkungsgrad von 26,1 Prozent deutlich effizienter arbeitet als die bisherigen Solarzellen auf Basis des von in der Industrie üblicherweise verwendeten Bor-dotierten Siliziums. Diese Entwicklung könnte dabei helfen, auf lange Sicht die Kosten für die Erzeugung von Strom mittels Photovoltaik zu senken. Außerdem sind derart effiziente Solarzellen interessant für Anwendungsfälle mit begrenztem Platzangebot, z.B. auf dem Dach von Elektrofahrzeugen. Das Forschungsvorhaben 26+ wurde für drei Jahre vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWI) mit drei Millionen Euro gefördert und läuft noch bis zum 30. Juni 2018.
Abb.: Monokristalline Siliziumsolarzelle mit POLO-Kontakten für beide Polaritäten auf der Solarzellenrückseite. Im Vordergrund ist die Rückseite von sieben Solarzellen auf einem Wafer zu sehen, im Hintergrund die gesamte Vorderseite. (Bild: ISFH)
Der maximal mögliche Wirkungsgrad einer Solarzelle aus dem für die Anwendung besonders wichtigen Material Silizium liegt bei 29,5 Prozent. Die praktische Realisierung eines Wirkungsgrades von mehr als 26 Prozent mit Bor-dotiertem Silizium galt bislang nahezu unerreichbar. Basis der neu entwickelten kristallinen Silizium-Solarzelle ist ein Kontakt, der ebenfalls am ISFH und am MBE entstanden ist. Eine Solarzelle besteht im Wesentlichen aus reinem Silizium, dort wird Licht eingefangen, das positive und negative Ladungsträger erzeugt. Damit sie als Strom genutzt werden können, müssen die verschiedenen Ladungsträger über unterschiedlich behandelte Bereiche des Siliziums abgeführt werden. Dazu braucht man Kontakte aus Metall, über die die Ladungsträger weitergeleitet werden. An dieser Stelle – beim Übergang vom Metall zum Silizium und umgekehrt – kam es bislang zu hohen Verlusten an Ladungsträgern. Hier setzen die vor einiger Zeit neu entwickelten POLO-Kontakte an.
POLO steht für „polycrystalline Silicon on Oxide“ und beschreibt die verwendeten Schichten. Um die positiven Ladungsträger auf der einen und die negativen Ladungsträger auf der anderen Seite der Solarzelle zu extrahieren, wurde je eine weitere Schicht Silizium für die POLO-Kontakte benutzt, allerdings eine mit einer anderen Struktur als im Inneren der Zelle. Das polykristalline, leitfähige Silizium wurde als dünne Schicht auf einem hauchdünnen Film aus Siliziumoxid aufgetragen. Diese isolierende Zwischenschicht passiviert die Kontakte.
Durch Erhitzen auf Temperaturen um die 1000 Grad Celsius entstehen winzig kleine Poren in der darunterliegenden Passivierung. Der Durchmesser der Poren liegt im Nanometerbereich. Durch sie können nun die Ladungsträger nahezu verlustfrei über die polykristalline Siliziumschicht und die Metallkontakte weitergeleitet werden. Die Verluste konnten so deutlich reduziert werden. Die POLO-Kontakte vereinen daher eine effiziente Stromextraktion aus der Solarzelle mit einer exzellenten Passivierung.
Im aktuellen Forschungsvorhaben 26+ ist es nun gelungen, die POLO-Kontakte so in eine Solarzelle zu integrieren, dass ein Wirkungsgrad von 26,1 Prozent erreicht wurde. „Durch den Einsatz von Laserverfahren haben wir außerdem den Weg in Richtung industrielle Anwendung geebnet“, erklärt Projektleiter Felix Haase vom ISFH. „Das Ergebnis zeigt, dass die Photovoltaik-Forschung in Deutschland nach wie vor zur Weltspitze gehört und wesentliche Beiträge zur Reduktion der Strom-Erzeugungskosten und für die Erschließung neuer Anwendungsfelder für die Photovoltaik leisten kann“, sagt Robby Peibst, der am ISFH die Arbeitsgruppe leitet und am MBE eine Juniorprofessur innehat.
U. Hannover / DE