05.03.2013

Hangrutsche präzise vorhersagen

Ein Frühwarnsystem koppelt erstmals geologische mit meteorologischen Daten, um Gefahrenherde auszumachen.

Bei starkem Regen besteht die Gefahr, dass die durchnässte Erde in Hanglagen abrutscht und Autos, Häuser und im schlimmsten Fall auch Menschen unter sich begräbt. Bisher ermitteln Experten anhand von Gefahrenzonenkarten, wie wahrscheinlich es ist, dass ein bestimmter Hang ins Rutschen kommt. Das Problem: Die Karten sind statisch und beziehen die aktuellen Wetterverhältnisse nicht mit ein. Dabei löst vor allem Starkregen die Katastrophen aus.

Abb.: Beispielhafte Risikokarte des österreichischen Burgenlandes: Die roten Kästen markieren Bereiche, in denen erhöhte Gefahr für einen Hangrutsch besteht. (Bild: Fh.-IOSB)

Dies soll sich künftig ändern. Das Frühwarnsystem ELDEWAS koppelt dynamische Wetterinformationen und -vorhersagen mit den statischen Daten über die Region, etwa Höhenprofile, Hangneigungen, Landnutzung – und gibt im Gefahrenfall eine Frühwarnung aus. ELDEWAS steht für Early Landslide Detection and Warning System. Entwickelt wird es von Forschern des Fraunhofer-Instituts für Optronik, Systemtechnik und Bildauswertung IOSB in Karlsruhe. „Das Frühwarnsystem ELDEWAS geht Hand in Hand mit dem EU-Projekt INCA-CE, in dem Forscher daran arbeiten, die kurzfristige Wettervorhersage, das sog. Nowcasting, zu verbessern", erzählt Oliver Krol, Wissenschaftler am IOSB. Während übliche meteorologische Daten meist nur stündlich aktualisiert werden und ein räumliches Raster von zehn Kilometern zeigen, sagen die Experten das Wetter im Projekt INCA-CE für 15-minütige Abstände und auf einen Kilometer genau vorher.

Das Frühwarnsystem für Hangrutsche entwickeln die Forscher zunächst für das österreichische Burgenland; das regionale Sicherheitszentrum stellt dafür alle benötigten Daten zur Verfügung. Wie steil sind welche Hänge? Wie ist der jeweilige Boden beschaffen, besteht er aus Sand, Lehm oder Fels? Wie wird das Land genutzt, wo sind Befestigungen, Häuser oder Straßen, wo Wald oder Wiese? Diese langfristig gleichbleibenden Parameter verknüpfen die Forscher mit den sich ständig ändernden Wetterdaten, die ihnen der Österreichische Wetterdienst ZAMG liefert. Ein erster Praxistest ist im Frühjahr geplant, dann wollen die Forscher aktuelle Wetterdaten in ihrem Frühwarnsystem berücksichtigen. Das System soll im Hintergrund permanent die Lage analysieren und bei Gefahr selbstständig eine Warnung mit entsprechenden Koordinaten und dem dort zuständigen Ansprechpartner ausgeben. Dieser soll automatisch per SMS vor dem drohenden Ereignis gewarnt werden, sodass er entsprechende Maßnahmen einleiten kann. Im Herbst soll der Prototyp fertig sein. Langfristig lässt sich die Software auch für andere Länder einsetzen.

Bis dahin sind jedoch noch einige Herausforderungenzu meistern, etwa die Online-Wetterdaten in das System einzubinden und die erhaltenen Daten zu bewerten. „Die meiste Arbeit liegt sicherlich in der Beantwortung der Frage: Ab welchen Werten ist ein Zustand kritisch? Während feste Schwellwerte nur ein Ja oder Nein als Antwort erlauben und nur den Worst Case abdecken, setzen wir auf eine Beschreibung mittels Fuzzy-Logik", erläutert Krol. „Wir weichen also die Schwellwerte der unterschiedlichen Einflussgrößen auf und können diese miteinander verknüpfen. So erreichen wir eine möglichst realistische Risikobewertung."

Fh.-IOSB / AH

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