24.03.2017

Hell wie 10.000 Sonnen

Künstliche Sonne aus 149 Xenon-Kurzbogenlampen liefert gebündeltes Licht für die Energieforschung.

Die größte künstliche Sonne der Welt scheint seit dem 23. März 2017 in Jülich. Der nordrhein-westfälische Umwelt­minister Johannes Remmel nahm gemeinsam mit Georg Menzen (BMWi) und Karsten Lemmer, Vorstand für Energie und Verkehr des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR), die neue Forschungs­anlage „Synlight" in Betrieb. Mit der Anlage sollen unter anderem Produktions­verfahren für solare Treibstoffe, wie beispielsweise Wasserstoff, entwickelt werden.

Abb.: Synlight besteht aus 149 je 7000 Watt starken Xenon-Kurzbogenlampen. (Bild: DLR)

NRW-Umweltminister Johannes Remmel betonte die Bedeutung der Forschung für die Energiewende: ”Um die Ziele zum Ausbau der erneuerbaren Energien zu erreichen, brauchen wir den praktischen Ausbau vorhandener Technik. Aber ohne Investitionen in innovative Forschung, in modernste Technologien und auch in weltweite Leucht­turm­projekte wie Synlight wird die Energiewende stecken bleiben."

In dem dreistöckigen Synlight-Gebäude strahlen insgesamt 149 Xenon-Kurzbogen­lampen. Zum Vergleich: In einem großen Kinosaal wird die Leinwand durch eine einzelne Xenon-Kurzbogen­lampe bestrahlt. Die Wissenschaftler können die Strahler auf eine Fläche von 20 auf 20 Zentimeter fokussieren. Trifft die Strahlung der Lampen mit einer Leistung von bis zu 350 Kilowatt dort auf, hat sie die bis zu 10.000-fache Intensität der Solar­strahlung auf der Erde. Im Fokus der Lampen entstehen Temperaturen bis zu 3000 Grad Celsius. Diese Temperaturen nutzen die Forscher, um Treib­stoffe wie zum Beispiel Wasserstoff herzustellen.

Wasserstoff gilt als der Treibstoff der Zukunft, denn er verbrennt, ohne dabei Kohlendioxid abzugeben. Die Herstellung von Wasserstoff durch Aufspalten des weltweit verfügbaren Rohstoffs Wasser in seine Bestandteile Wasserstoff und Sauerstoff bedarf einer großen Menge Energie. Diese kann von der Sonne bereitgestellt werden. „Erneuerbare Energien bilden zukünftig das Rückgrat für die weltweite Energie­versorgung", betont DLR-Vorstand Lemmer die Relevanz intensiver Forschungen zur alternativen Energie­gewinnung. „Solar erzeugte Kraft-, Treib- und Brennstoffe bieten große Potenziale für die Langzeit­speicherung, die Erzeugung chemischer Grund­stoffe und die Reduzierung von CO2-Emissionen. Synlight gibt unseren Forschungen auf diesem Gebiet Rückenwind."

Da die Sonne in Mitteleuropa selten und unregelmäßig scheint, ist für die Entwicklung von Produktions­verfahren solarer Treibstoffe eine künstliche Sonne das Mittel der Wahl. Bei den Synlight-Versuchen können Schlecht­wetter­perioden und schwankende Strahlungs­werte die Tests und ihre Auswertung nicht erschweren oder verzögern. Jülich bietet zudem mit seiner Infrastruktur, darunter auch der Solarturm Jülich und das wissenschaftliche Umfeld, ideale Bedingungen für innovative Entwicklungen in der Solar­technik. Eine Verlagerung von Forschungs­anlagen in sonnen­reichere Regionen verspricht lediglich auf den ersten Blick günstigere Bedingungen, da auch dort die Sonne niemals mit derselben Intensität scheint. Aber genau das ist wichtig für schnelle Innovations­zyklen: gleichbleibende Test­bedingungen, die sich schnell und exakt reproduzieren lassen.

Den Wissenschaftlern am DLR-Institut für Solarforschung ist die Herstellung von Wasserstoff mit Hilfe von Solar­strahlung bereits vor Jahren geglückt, allerdings im Labor­maßstab. Damit solche Prozesse für die Industrie interessant werden, muss der Maßstab deutlich vergrößert werden. Genau das ist das Ziel von Synlight. Im Fokus der Forschungs­arbeiten steht die solare Treibstoff­herstellung, doch die neue Anlage kann für eine Vielzahl weiterer Anwendungen eingesetzt werden. Da das Spektrum der UV-Strahlung dem der Sonne gleicht, können beispielsweise auch Alterungs­prozesse von Materialien zeitlich gerafft dargestellt werden. Ein interessanter Aspekt, sowohl für die Raumfahrt, als auch für die Industrie.

„Synlight füllt eine Lücke in der Qualifizierung solarthermischer Komponenten und Prozesse", erklärt Kai Wieghardt, der den Aufbau der Anlage maßgeblich betreut hat. „Die neue künstliche Sonne steht zwischen den Anlagen im Labor­maßstab, wie dem Hoch­leistungs­strahler im DLR in Köln und den groß­technischen Anlagen wie dem Solarturm hier in Jülich." Für die Experimente stehen den Nutzern der Anlage drei Bestrahlungs­kammern zur Verfügung. Die notwendigen Lampen werden, je nach Bedarf, gebündelt, oder flächig auf den Testaufbau ausgerichtet. Mit den drei Kammern können mehrere Experimente zeitgleich vorbereitet und die Anlage optimal ausgelastet werden.

Das DLR-Institut für Solarforschung errichtete die Forschungs­anlage in den vergangenen zwei Jahren in einem vom Technologie­zentrum Jülich erstellten Gebäude und mietete es langfristig zum Betrieb von Synlight an. Das Land Nordrhein-Westfalen unterstützte das Projekt mit 2,4 Millionen Euro, rund 70 Prozent der Gesamtsumme von 3,5 Millionen Euro. Die Differenz von 1,1 Millionen Euro wurde vom Bundes­ministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) erbracht.

DLR / DE

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