Hochschulpakt 2020 beschlossen
In den kommenden drei Jahren sollen 91.370 zusätzliche Studienplätze geschaffen werden. Zugleich unterstützt der Bund die Forschung an den Hochschulen.
Berlin (dpa) - Der Hochschulpakt 2020 ist beschlossene Sache. In den kommenden drei Jahren sollen 91.370 zusätzliche Studienplätze für die geburtenstarken Schulabgänger-Jahrgänge geschaffen werden. Nach dem Beschluss der Regierungschefs von Bund und Ländern vom Donnerstag in Berlin wollen beide Seiten dafür jeweils 565 Millionen Euro zahlen. Zugleich unterstützt der Bund zunächst bis 2010 die Forschung an den Hochschulen mit weiteren 700 Millionen Euro.
Bundesbildungsministerin Annette Schavan (CDU) sieht mit dem Pakt die Hochschulen «für die Herausforderungen der Zukunft» gerüstet. Er sei zugleich «ein wichtiges Signal an die junge Generation, sich für ein Studium zu entscheiden». Bereits zum Wintersemester 2007/2008 könnten die ersten Hilfen greifen. Zusammen mit der Exzellenzinitiative in der Forschung sei der Pakt «ein zentrales Element der gemeinsamen Anstrengungen von Bund und Ländern».
Statt rund 350 000 Studienanfänger wie heute werden auf Grund der starken Abiturientenjahrgänge bis 2010/2011 bundesweit rund 440 000 Bewerber an den Hochschulen erwartet. Obwohl die Entwicklung seit Jahren absehbar war, hatten viele Westländer Studienplätze abgebaut. Weil in den neuen Bundesländern anders als im Westen die Abiturientenzahlen heute schon rückläufig sind, bekommen diese aus dem Finanzvolumen eine Vorab-Zahlung von 15 Prozent. Sie versichern, ihr Studienangebot zunächst im heutigen Umfang zu erhalten und damit die Hochschulen im alten Bundesgebiet zu entlasten. Bremen und Hamburg, die bisher schon deutlich über ihren Landeskinder-Bedarf Plätze für Erstsemester anboten, bekommen pauschal 3,5 Prozent, Berlin 4 Prozent.
Die SPD-Bildungspolitiker Ernst Dieter Rossmann und Jörg Tauss sprachen von einem «klaren Erfolg für die große Koalition». Ohne den Druck der SPD hätte es nach ihrer Ansicht allerdings kein Bundesgeld für zusätzliche Studienplätze gegeben. Nun seien die Länder am Zug, die Studienbedingungen tatsächlich auch zu verbessern.
Das Deutsche Studentenwerk (DSW) mahnte Bund und Länder, nun auch in die soziale Struktur des Studiums zu investieren. Mehr Studenten erforderten rund 20 000 zusätzliche Wohnheimplätze, aber auch einen Ausbau von Service und Beratung, sagte DSW-Präsident Rolf Dobischat. Ebenso müssten Mensen und Cafeterien saniert werden, wenn auf Dauer tatsächlich 40 Prozent eines Jahrganges an den Hochschulen ausgebildet werden sollten.
Die Grünen bezeichneten den Hochschulpakt als unterfinanziert. «Die zugesagten Gelder reichen gerade mal für Billig-Studienplätze ohne Qualität», sagte ihr hochschulpolitischer Sprecher Kai Gehring. Versprochen würden nur höhere Studienanfängerzahlen, nicht auch mehr Seminarplätze, Lehrbücher und Dozenten. So bestehe die Gefahr, dass aus dem «Hochschulpakt ein Hochstapelpakt» werde.
Auch die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) sieht in dem Pakt «bestenfalls einen ersten Schritt», dem steigenden Bedarf an Studienplätzen gerecht zu werden. «Jetzt müssen sich Bund und Länder schleunigst wieder an einen Tisch setzen und über einen Hochschulpakt II verhandeln», sagte GEW-Vorstandsmitglied Andreas Keller. Der Pakt sei «sträflich unterfinanziert und mit Risiken behaftet» und die Qualität der Akademiker-Ausbildung nicht sichergestellt.
Zweite Säule des Hochschulpkates ist die Einführung einer neuen Form von Vollkosten-Finanzierung bei der Forschung. Dabei bekommen die Hochschulen nach Einwerbung von Forschungsmitteln bei der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) künftig für das einzelne Projekt jeweils einen Zuschlag von 20 Prozent - zur Abdeckung von Sachkosten wie Verwaltung, Energie und Gebäudenutzung. Dafür zahlt der Bund den Ländern bis 2010 zunächst 700 Millionen Euro.
Hintergrund - Die zwei Säulen des Bund-Länder-Hochschulpaktes 2020
Der von den Regierungschefs von Bund und Ländern am Donnerstag in Berlin beschlossene Hochschulpakt 2020 steht auf zwei Säulen. Zum einen sollen durch eine gemeinsame Kraftanstrengung von Bund und Ländern in einer ersten Etappe bis 2010 rund 90.000 zusätzliche Studienplätze für die geburtenstarken Schulabgänger-Jahrgänge geschaffen werden. Zum anderen unterstützt der Bund die Hochschulforschung bis 2010 zusätzlich mit gut 700 Millionen Euro.
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STUDIENPLÄTZE: Statt rund 350.000 Studienanfänger wie heute werden auf Grund der starken Abiturientenjahrgänge bis 2010/2011 bundesweit rund 440.000 Bewerber an den Hochschulen erwartet. Obwohl diese Entwicklung seit Jahren absehbar war, haben viele Länder dennoch in jüngster Vergangenheit deutlich Studienplätze abgebaut und Fakultäten geschlossen. Mit dem Hochschulpakt verpflichten sich die Länder nun, in den kommenden drei Jahren 90.000 zusätzliche Studienangebote zu schaffen - gemessen an der Basiszahl 2005. Dafür gibt ihnen der Bund 565 Millionen Euro. Die Länder legen den gleichen Betrag drauf.
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OST/WEST: Weil die Lage in Ost und West völlig unterschiedlich ist und die Abiturientenzahlen in den neuen Bundesländern heute schon rückläufig sind, bekommen diese aus dem Finanzkuchen eine Vorab- Zahlung von 15 Prozent. Sie versichern, ihr Studienangebot zunächst im heutigen Umfang zu erhalten und damit die Hochschulen im Westen zu entlasten. Bremen und Hamburg, die bisher schon deutlich über ihren Landeskinder-Bedarf Plätze für Erstsemester anboten, bekommen pauschal 3,5 Prozent, Berlin 4 Prozent.
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PROBLEM: Die Universitätsrektoren bezeichnen den Zuschuss pro zusätzlichen Anfängerplatz als zu gering. Schon die in der ursprünglichen Planung vorgesehenen 5500 Euro liegen aus ihrer Sicht um 1800 Euro unter dem üblichen Richtwert. Durch die Vorab-Quote für die Ostländer werde das Finanzvolumen für die West-Länder jetzt erneut geschmälert. Unverhohlen drohen einige Universitäten mit der Ausweitung des Numerus clausus - was nach den neuen Hochschulgesetzen möglich ist. Doch gibt es keine zusätzlichen Anfängerplätze, bekommen die Länder auch kein Geld vom Bund.
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FORSCHUNG: Zweite Säule des Hochschulpaktes ist die Einführung einer neuen Form der Vollkosten-Finanzierung bei der Forschung. Dabei bekommen die Hochschulen nach Einwerbung von Forschungsmitteln bei der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) künftig für das einzelne Projekt jeweils einen Zuschlag von 20 Prozent - zur Abdeckung von Sachkosten wie Verwaltung, Energie und Gebäudenutzung. Dafür spendiert der Bund den Ländern bis 2010 zunächst 700 Millionen Euro. Die Vollkosten-Finanzierung, die auch in den USA und Großbritannien üblich ist, soll anschließend fortgesetzt werden. Der Bund möchte dann allerdings die Länder finanziell einbeziehen.