22.10.2009

Hoffnung auf neue Milliarden für Bildung gedämpft

Die Ausgaben für Bildung und Forschung sollen - laut der Länder-Finanzminister - bereits in diesem Jahr die zehn Prozent des Bruttoinlandsprodukts erreichen. Als "Zahlenakrobatik" bezeichnet der Deutsche Gewerkschaftsbund die Berechnung.

Die Ausgaben für Bildung und Forschung sollen - laut der Länder-Finanzminister - bereits in diesem Jahr die zehn Prozent des Bruttoinlandsprodukts erreichen. Als "Zahlenakrobatik" bezeichnet der Deutsche Gewerkschaftsbund die Berechnung.

Die Länder-Finanzminister haben Hoffnungen auf weitere Milliarden-Hilfen für bessere Schulen und Hochschulen einen Dämpfer erteilt. Das beim Bildungsgipfel vor zwölf Monaten verabredete Ziel, ab 2015 für Bildung und Forschung mindestens zehn Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) auszugeben, sei bereits in diesem Jahr erreicht, heißt es nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur dpa in einer Vorlage der Finanzministerkonferenz.

Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte damals mit den Ministerpräsidenten vereinbart, bis 2015 die Ausgaben für Bildung und Forschung auf zehn Prozent des BIP zu steigern. Doch nach neuer Rechnung der Länder-Finanzminister werde diese Marke nicht nur in diesem Jahr, sondern auch in den folgenden Jahren bis 2015 jeweils deutlich überschritten - ohne dass dazu noch weitere außergewöhnliche Etatsteigerungen nötig seien.

Die Gründe: Im Zuge der Wirtschaftskrise sinkt das BIP, folglich steigt der Ausgabenanteil für Bildung und Forschung automatisch. Zudem wollen die Finanzminister die Kriterien für die Statistik erheblich verändern und Ausgabenposten wie etwa das vollständige Kindergeld für Volljährige sowie Steuererleichterungen für forschende Unternehmen künftig unter den Rubriken Bildung und Forschung mitverbuchen. Allein dadurch stiegen die Zukunftsausgaben des Staates statistisch um fast neun Milliarden Euro.

Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) sprach von «Zahlenakrobatik». «Bessere PISA-Ergebnisse lassen sich nur mit Investitionen erreichen - und nicht mit Rechentricks, fehlenden Kita-Plätzen und ein-Euro- Jobber als Hilfslehrern», sagte DGB-Vize-Vorsitzende Ingrid Sehrbrock.

Die Ministerpräsidenten wollen in der kommenden Woche in Mainz einen Zwischenbericht über die beim Bildungsgipfel am 22. Oktober 2008 mit Merkel vereinbarte «Qualifizierungsinitiative für Deutschland» diskutieren. Merkel will mit den Ländern noch bis Ende des Jahres konkrete Vereinbarungen über eine bessere Finanzierung von Bildung und Forschung treffen.

Bei den Bildungsministern hat das Vorgehen der Finanzminister zum Teil Entsetzen und Unverständnis ausgelöst. In ihrem bereits im Sommer verabschiedeten «Ersten Zwischenbericht» über die seit dem Bildungsgipfel eingeleiteten Reformmaßnahmen ziehen sie eine überaus positive Bilanz. So seien die Ausgaben für Bildung und Forschung in fast allen Landeshaushalten wie auch beim Bund deutlich gestiegen. Es gebe mehr Ganztagsschulen und mehr Lehrer. Auch werde bundesweit ein Trend zu kleineren Klassen deutlich.

Laut Bericht werden die mit dem Schülerrückgang verbundenen Einsparungen in den Ländern größtenteils zu Qualitätsverbesserungen genutzt - wie etwa zum Ausbau frühkindlicher Bildung, Finanzierung von Schulsozialarbeit oder Maßnahmen zur Vermeidung von Schulabbruch. Auch die Bundesseite listet in dem Zwischenbericht ihre zusätzlichen Bildungsausgaben auf. Dazu gehören die Erhöhung des Studenten- und des Meister-BAföG in diesem Jahr, mehr Hilfen für bedürftige Kinder («Schulstarterpaket») sowie das Milliarden-Investitionspaket zur Sanierung von Kindergärten, Sporthallen, Schulen und Hochschulen.

Karl-Heinz Reith, dpa/KP

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