Hyperschallwellen mit kurzen Lichtpulsen in Perowskiten erzeugt
Team in Dortmund und Le Mans hat Scherwellen mit außergewöhnlich großer Amplitude in Metall-Halogenid-Perowskiten generiert.
Ein internationales Team der TU Dortmund, der Universität Würzburg und der Le Mans Université hat gezeigt, dass ultrakurze Lichtpulse in Metall-Halogenid-Perowskiten Scherwellen mit außergewöhnlich großer Amplitude erzeugen können. Das verwendete Material ist bisher vor allem für die Erzeugung von Solarenergie von Interesse. Die neuen Erkenntnisse eröffnen eine Anwendung für optisch gesteuerte Bauelemente zur Erzeugung und Detektion von Hyperschallwellen mit Sub-Terahertz-Frequenzen, die sich potenziell in elektronischen, photonischen, magnetischen und biomedizinischen Systemen einsetzen lassen.

In Kristallen können neben longitudinalen Schallwellen auch andere Arten existieren: Scherwellen, bei denen sich Atome seitlich verschieben – ähnlich dem Verschieben eines Kartenstapels oder den Erschütterungen bei Erdbeben. Scherwellen sind daher ein Werkzeug, um die innere Struktur und Dynamik von kristallinen Materialien zu erforschen, weit über die Möglichkeiten herkömmlicher akustischer Techniken wie Ultraschall hinaus. Besonders interessant ist, dass Scherwellen eine Vektornatur besitzen, was die Kontrolle ihrer Polarisation erlaubt. Durch Kombination orthogonaler Polarisationen können zirkular polarisierte, sogenannte chirale akustische Wellen erzeugt werden, die sich mit dem Spin – und damit den magnetischen Freiheitsgraden – in Materialien koppeln können. Zudem besitzen Scherwellen aufgrund ihrer geringeren Geschwindigkeit bei gleicher Frequenz eine kürzere Wellenlänge, was eine höhere räumliche Auflösung in der akustischen Bildgebung und bei Messungen auf der Nanoskala ermöglicht. Die Erzeugung von Scherschall ist jedoch herausfordernd, insbesondere für ultraschnelle Akustik mit Sub-Terahertz-Frequenzen, wie es für zukünftige elektronische und optoelektronische Geräte erforderlich ist. Unter den möglichen Methoden gilt der Einsatz ultraschneller Femtosekunden-Lichtimpulse als einer der vielversprechendsten Ansätze.
Vor diesem Hintergrund untersuchten die Forschenden, inwiefern sich ein Doppelperowskit-Halbleitermaterial für ultraschnelle Akustik verwenden ließe. Die Wahl fiel auf dieses Material, weil es über herausragende optische und strukturelle Eigenschaften verfügt. Einerseits zeigen Perowskite exzellente optische Eigenschaften, weshalb sie großes Interesse im Bereich der Photovoltaik geweckt haben. Besonders anorganische und bleifreie Doppelperowskite gelten dabei als attraktive Materialplattform, da sie ungiftig und stabil sind. Andererseits zeichnen sich diese Materialien durch ausgeprägte strukturelle Phasenübergänge – etwa von kubisch zu tetragonal – und durch starke Elektron-Gitter-Wechselwirkungen aus.
Hyperschallwellen im bleifreien Doppelperowskit Cs2BiAgBr6 wurden mithilfe der Pump-Probe-Brillouin-Spektroskopie untersucht. Dabei erzeugt ein 100-Femtosekunden-Laserpuls (Pump) mit einer Energie oberhalb der Bandlücke – also in einem stark absorbierenden Bereich – eine kurze akustische Welle. Ein zweiter Laserpuls (Probe) misst anschließend, wie sich diese Welle im Material ausbreitet. Die durch den Pumppuls erzeugte Dehnungswelle verändert die dielektrischen Eigenschaften des Kristalls und zeigt sich als charakteristische Oszillationen im reflektierten Probenpuls. Die Experimente zeigten deutlich die Existenz eines Scherimpulses, der gemeinsam mit dem longitudinalen Impuls propagiert – ein klares Zeichen für eine effiziente Erzeugung von Scher-Hyperschallwellen.
Das Team stellte fest, dass starke Scher-Hyperschallwellen nur dann auftreten, wenn sich der Kristall in seiner tetragonalen Phase befindet, einem Zustand, in dem das Atomgitter entlang einer Richtung leicht verzerrt ist. In dieser Phase führt die optische Anregung zu einer ungewöhnlichen anisotropen Ausdehnung der Atome: Das Kristallgitter dehnt sich in einer Richtung aus, während es sich in einer anderen zusammenzieht. Wichtig ist, dass dieser Effekt nicht thermischer Natur ist: Er entsteht nicht durch Erwärmung des Gitters, sondern durch den gerichteten Druck der durch den Laserpuls erzeugten Ladungsträger. Diese Ergebnisse sind daher ein Schritt hin zu einer präzisen Kontrolle optisch erzeugter Hyperschallwellen dar und ebnen den Weg für zukünftige perowskitbasierte optoakustische Bauelemente im Sub-THz-Bereich. [TU Dortmund / dre]
Weitere Informationen
- Originalpublikation
D. O. Horiachyi et al., Efficient launching of shear phonons in photostrictive halide perovskites, Sci. Adv. 11, eadw9172, 5. November 2025; DOI: 10.1126/sciadv.adw9172 - Professur für experimentelle Physik – Laserspektroskopie an kondensierter Materie (Manfred Bayer), Forschungsschwerpunkt Kondensierte Materie, Fakultät Physik, TU Dortmund













