18.03.2021

Hyperspektrale Materialprüfung

System misst Folien für organische Elektronik schnell und ortsaufgelöst.

Weltweit arbeiten Forscher daran, organische Leuchtdioden, Solarzellen und Schaltkreise durch bessere Spezial­folien gegen Luft­feuchtigkeit und andere schädliche Umwelt­einflüsse zu schützen. Das soll die Bauteile der organischen Elektronik robuster und somit langlebiger machen. Das Fraunhofer-Institut für Werkstoff- und Strahltechnik IWS in Dresden stellt dazu nun ein Verfahren vor, das künftig schon während der Produktion die Qualität dieser Barriere­folien überprüft – bislang dauern solche Analysen bis zu mehreren Wochen. Das neue System basiert auf Hype­rspektral-Bildgebung und künstlicher Intelligenz.

Abb.: Optische Kontrolle von Barrierefolien für den Einsatz in organischer...
Abb.: Optische Kontrolle von Barrierefolien für den Einsatz in organischer Elektronik. (Bild: ronaldbonns.com)

Organische Elektronik verbraucht nur wenig Strom, ist hauchdünn und oft sogar durchsichtig und biegsam. In naher Zukunft dürfte diese Technologie noch viele innovative Konsumgüter, Medizin­geräte und Photovoltaik­anwendungen hervorbringen. Eine wichtige Rolle in deren Herstellungs­prozess spielt die Material- und Oberflächen­inspektion, für die sich das „Hyperspectral Imaging“ (HSI) eignet. Das Fraunhofer IWS hat die Technologie weiterentwickelt. Nun können selbst kleinste Defekte und geringste Abweichungen vom idealen Aufbau von Barriere­folien rasch erkanntund deren Wasserdampf­durchlässigkeit ermittelt werden. Denn diese Durchlässigkeit bestimmt maßgeblich die Lebensdauer der Produkte der flexiblen organischen Elektronik, zum Beispiel von organischen Leucht­dioden (OLED) oder Solarzellen (OPV).

„Barriere­folien gibt es zwar bereits lange, zum Beispiel in der Lebens­mittel- und Pharmabranche“, erläutert Wulf Grählert, der am Fraunhofer-Anwendungszentrum für Optische Messtechnik und Oberflächen­technologien AZOM, einer Außenstelle des Fraunhofer IWS, die Arbeitsgruppe für optische Inspektions­technologien leitet. Doch die organische Elektronik hat die Anfor­derungen an die Dichtigkeit solcher Barrierefolien gegenüber Wasserdampf extrem hochgeschraubt. Lebensmittelfolien zum Beispiel dürfen binnen eines Tages höchstens zehn Gramm Wasserdampf pro Quadratmeter passieren lassen. Für Tabletten-Folien liegt diese Wasserdampf­durchlässigkeit bei nur einem Zehntel bis einem Hundertstel Gramm pro Tag und Quadratmeter Folie. OLEDs benötigen jedoch Barrierefolien, die allenfalls wenige Mikrogramm Wasserdampf pro Tag durchlassen. Hinzu kommt: Bislang dauern Messungen der Wasserdampf­durchlässigkeit sehr lange. Für OLED-Barrierefolien liegen die Messergebnisse oft erst nach einigen Wochen vor. Die Wissen­schaftler haben es nun geschafft, die Inspektions­zeit für Barrierefolien in der Organischen Elektronik auf lediglich zwei bis drei Stunden zu verkürzen.

Die Chance auf einen neuen Lösungsansatz eröffnete das EU-Projekt „OledSolar“, in dessen Zuge insgesamt 16 Institute und Technologie­unternehmen aus ganz Europa bis zum Frühjahr 2022 fortgeschrittene Fertigungs- und Inspektions­methoden für die Industrialisierung der Organischen Elektronik entwickeln. Das Fraunhofer IWS begann in diesem Projekt ein Barriere­inspektionssystem mit einem grundsätzlich neuen Ansatz zu entwickeln: Es wird nicht mehr der Wasserdampf gemessen, der die Barriere durchdringt, sondern allein die Folie, die diese Durch­lässigkeit maßgeblich bestimmt. In zweieinhalb­jähriger Arbeit haben Wissenschaftler und Techniker beim Projektpartner Fraunhofer-Institut für Organische Elektronik, Elektronen­strahl- und Plasmatechnik FEP mehr als 100 Barriere­folienmuster im Rolle-zu-Rolle-Verfahren hergestellt und geprüft. Danach haben die Forscher von den Proben an verschiedenen Stellen HSI-Datensätze gemessen und mit diesen ein Modell angelernt, das anhand einer HSI-Messung die Wasserdampf­durchlässigkeit der gemessenen Barrierefolie mit hinreichender Genauigkeit hundertmal schneller vorhersagen kann.

Mit schnelleren Kameras lässt sich die Messzeit sogar noch weiter verringern und je mehr Trainingsdaten einer KI künftig zur Verfügung stehen, desto genauer werden ihre Vorhersagen. Ziel ist letztlich eine Echtzeit-Qualitäts­kontrolle während der Folien­produktion, aber auch in der Eingangs­kontrolle in den sich anschließenden Verarbeitungs­prozessen. „Wir sehen großes Potenzial“, sagt Grählert. „Diese neue Art von Sensorik verkürzt die Inspektions­zeit für Barriere­folien erheblich, eröffnet die Möglichkeit einer Inline-Qualitäts­kontrolle, verringert die Ausschuss­rate und kann die OLED- und OPV-Produktion verbilligen.“

Fh.-IWS / JOL

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