Benötigt ein Unternehmen eine Sensorlösung, beispielsweise um einen bestimmten Stoff im Produktionsprozess zu identifizieren, hat es oftmals ganz individuelle Anforderungen. Dies beginnt bei den nachzuweisenden Stoffen und geht über die Anzahl der benötigten Sensoren bis hin zur Geschwindigkeit des Produktionsprozesses. Meist reicht dafür eine Lösung von der Stange nicht aus und es bedarf mehrerer Anbieter, um eine individuelle, optimale Lösung zu entwickeln. Hier setzt die EU-geförderte Pilotlinie MIRPHAB (Mid InfraRed PHotonics devices fABrication for chemical sensing and spectroscopic applications) an: In dieser Pilotlinie haben sich führende europäische Forschungsinstitute und Firmen aus dem MIR-Umfeld zusammengefunden, um Kunden maßgeschneiderte Angebote aus einer Hand machen zu können. Interessenten können sich an einen zentralen Ansprechpartner wenden, der dann, nach dem Baukastenprinzip, die bestmögliche Lösung aus dem Komponentenportfolio der MIRPHAB-Mitglieder zusammenstellt.
Abb.: Demonstrator der miniaturisierten Laserquelle, bestehend aus Quantenkaskadenlaserchip und MOEMS-Gitterscanner (Bild: Fh.-IAF)
Um die europäische Industrie langfristig zu stärken und ihre Spitzenposition in der chemischen Analytik und Sensorik weiter auszubauen, wird die Entwicklung der individuellen MIR-Sensorlösungen im Rahmen von MIRPHAB durch eine Beteiligung der EU unterstützt. Das senkt die Investitionskosten und damit die Eintrittshürde für Unternehmen in den MIR-Bereich (mittleres Infrarot) deutlich. In Kombination mit der virtuellen Infrastruktur, die durch MIRPHAB entstanden ist, sind hochwertige MIR-Sensorlösungen damit auch für Unternehmen interessant, denen Kosten und Entwicklungsaufwand vorher zu hoch schienen. Darüber hinaus erhalten Unternehmen durch MIRPHAB Zugriff auf neueste Technologien, so dass sie sich als Early-Adopter einen Vorsprung im Wettbewerb verschaffen können.
Eine zentrale Komponente der MIRPHAB-Sensorlösungen liefert das Fraunhofer-Institut für Angewandte Festkörperphysik IAF aus Freiburg in Kooperation mit dem Fraunhofer-Institut für Photonische Mikrosysteme IPMS aus Dresden. Das Fraunhofer IAF bringt die Technologie der Quantenkaskadenlaser ein, die Laserlicht im MIR-Bereich emittieren. Der Wellenlängenbereich, in dem das Licht emittiert wird, ist bei dieser Art von Laser spektral sehr breit und lässt sich bei der Herstellung maßschneidern. Um innerhalb des Spektralbereichs eine bestimmte Wellenlänge auszuwählen, muss diese über ein optisches Beugungsgitter ausgewählt und wieder zurück in den Laserchip gekoppelt werden. Durch die Drehung des Gitters lässt sich die Wellenlänge kontinuierlich abstimmen.
Das Gitter wird am Fraunhofer IPMS in miniaturisierter Form in Micro-Electro-Mechanical-System(MEMS)-Technologie hergestellt. Diese ermöglicht es, das Gitter mit einer Frequenz von bis zu einem Kilohertz schwingen zu lassen und somit die Wellenlänge der Laserquelle bis zu tausend Mal pro Sekunde über einen sehr breiten Spektralbereich durchzustimmen. Um die Herstellung der Laser und Gitter effizienter zu gestalten und für eine Pilotserienproduktion zu optimieren, ist an MIRPHAB auch das Fraunhofer-Institut für Produktionstechnologie IPT aus Aachen beteiligt. Mit seinem Know-how überführt es die Herstellung des schnell abstimmbaren MIR-Lasers in industriell anwendbare Produktionsabläufe.
Derzeit bewegen sich zahlreiche Anwendungen im Bereich der Spektroskopie noch im sichtbaren oder nahen Infrarot-Bereich und verwenden relativ schwache Lichtquellen. MIRPHAB bietet Lösungen auf Basis von Infrarot-Halbleiterlasern. Diese verfügen über eine deutlich größere Lichtstärke und ermöglichen so ganz neue Anwendungen. Dadurch lassen sich mit der MIR-Laserquelle bis zu 1000 Spektren pro Sekunde aufnehmen, wodurch zum Beispiel die automatisierte Überwachung und Steuerung von chemischen Reaktionen und biotechnologischen Prozessen in Echtzeit möglich wird. MIRPHAB leistet so einen wichtigen Beitrag auf dem Weg zur Fabrik der Zukunft und der Industrie 4.0.
Fh.-IAF / DE