Industrie mag Bachelor nicht
Studie der DPG erkennt Zurückhaltung bei der Akzeptanz des Bachelors gegenüber höheren Qualifikationen
Physikerinnen und Physiker mit Diplom- oder Master-Abschluss sind auf dem Arbeitsmarkt begehrte Fachkräfte. Doch der Abschluss Bachelor stößt bei der deutschen Wirtschaft auf wenig Interesse. Das ist das Ergebnis einer aktuellen Studie der Deutschen Physikalischen Gesellschaft (DPG). Die Umfrage unter 28 großen und mittelständischen Unternehmen zeigt, dass es für Absolventen mit dem Abschluss Physik-Bachelor derzeit praktisch keine Nachfrage gibt. Die mit diesem Abschluss verbundene Qualifikation wird von den Unternehmen als nicht ausreichend angesehen und der Bachelor als einziger berufsqualifizierender Abschluss nahezu einstimmig nicht angenommen. In zahlreichen Aspekten stellt diese Untersuchung das positive Bild, das die Bundesregierung von der Akzeptanz des Bachelor-Abschlusses zeichnet, in Frage. „Die DPG unterstützt ausdrücklich die Bologna-Reform“, so DPG-Präsident Wolfgang Sandner anlässlich der Jahrestagung der DPG in Dresden. „Der hierfür erforderliche Umbau des Hochschulsystems ist allerdings kein abgeschlossener, sondern ein voranschreitender Prozess.“
„Der Abschluss Physik-Bachelor wird von der Wirtschaft derzeit nicht nachgefragt. Es ist daher wichtig, die Studierenden frühzeitig darüber zu informieren, dass sie für einen aussichtsreichen Job in der Wirtschaft den Masterabschluss benötigen“, sagt Sandner. „Gleichzeitig ist an den Hochschulen dafür zu sorgen, dass der Zugang zu einem Masterstudiengang einem Bachelor nicht verwehrt werden darf. Dafür müssen den Universitäten auch die entsprechenden Ressourcen zur Verfügung gestellt werden.“
Bisherige Studien über die Akzeptanz des Bachelorabschlusses erlauben keine spezifischen Rückschlüsse für den Fall des Physik-Bachelors. Aus diesem Grund hat sich die DPG entschlossen, eine Umfrage in typischen, Physikerinnen und Physiker beschäftigenden Firmen durchzuführen. Gefragt wurde nach der Bekanntheit des Bachelorabschlusses bei 28 großen und mittelständischen Unternehmen. Auch ging es um Einstellungschancen, Einsatzbereiche und Karrieremöglichkeiten. Insgesamt wird die Qualifikation Physik-Bachelor als „unvollständige“ Ausbildung eingeschätzt.
Wichtige Ergebnisse der Studie sind:
- Über die Hälfte der Befragten gibt an, gut über den Bachelorabschluss informiert zu sein.
- Die Qualifikation Physik-Bachelor wird von den Teilnehmern an der Befragung als „unvollständige“ Ausbildung eingeschätzt.
- Der Physik-Bachelor (Universitätsabschluss) wird aus Sicht der Industrieunternehmen kritischer als der FH-Bachelor des Studiengangs Physikalische Technik bewertet. Hierbei wird dem FH-Bachelor ein stärkerer Praxisbezug in der Ausbildung zugesprochen.
- Aus einzelnen Gesprächen wurde deutlich, dass aufgrund der speziellen Situation in Deutschland wenig Bedarf für Physik-Bachelors gesehen wird. Diese Einschätzung wird mit dem ausgezeichneten System der beruflichen Ausbildung in Deutschland begründet, das dem Arbeitsmarkt hervorragend ausgebildete Techniker und Laboranten bereitstellt.
- Der Bachelor als einziger berufsqualifizierender Abschluss wird von den Befragten nahezu einstimmig nicht akzeptiert. Vielmehr wird Studierenden empfohlen, den Physik-Bachelorabschluss als Vorstufe für einen Masterabschluss zu nutzen.
- In größeren Unternehmen mit spezifischen Ausbildungsprogrammen werden Chancen für die Aufnahme und Weiterqualifizierung von Physik-Bachelors gesehen.
- Positiv bemerkten die Befragten, dass die Standardisierung der Abschlüsse eine Vergleichbarkeit, insbesondere zwischen verschiedenen Ländern und Hochschulen, ermöglicht.
- Die Unternehmen begrüßen die Möglichkeit des Wechsels von Studienfächern und Hochschulen nach dem Bachelorabschluss. Damit eröffnen sich auch Möglichkeiten individueller, transdisziplinärer Bildungswege.
- Die Umfrage zeigt aber deutlich, dass der Bedarf für Physiker in der Industrie nach wie vor auf dem Gebiet der höher qualifizierten Absolventen, das heißt Master/Diplom oder Promotion gesehen wird, insbesondere für Einsatzmöglichkeiten in Forschung und Entwicklung.
DPG / KK